(ip/pp) Hinsichtlich der Bürgenhaftung des Bauunternehmens zu Gunsten des Nachunternehmens gab es aktuell einen Entscheid des LAG Berlin-Brandenburgs. Die Klägerin nahm die Beklagte aus übergegangenem Recht als Bürgin für Ansprüche von Arbeitnehmern einer Nachunternehmerin der Beklagten auf Nettomindestlohn in Anspruch.??Die Beklagte hatte ihre Nachunternehmerin mit Estricharbeiten für drei Bauvorhaben beauftragt, für die jene bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens insgesamt 14 Arbeitnehmer unterschiedlich einsetzte. Die Arbeitnehmer hatten bei der Klägerin Insolvenzgeld beantragt. Die meldete daraufhin ihre auf 300.000,- Euro geschätzte Forderung beim Insolvenzverwalter an, der darauf für sämtliche Arbeitnehmer Insolvenzgeldbescheinigungen über deren Lohnansprüche erteilte. Darauf wandte sich die Klägerin wegen Erstattung des inzwischen gezahlten Insolvenzgeldes in Höhe des Nettomindestlohnes in Höhe von ca, 18.500,- Euro an die Beklagte.

Das Arbeitsgericht Berlin hatte die Klage abgewiesen und ausgeführt, mögliche Ansprüche der Klägerin seien wegen Versäumung der sechsmonatigen Ausschlussfrist des Tarifvertrages zur Regelung der Mindestlöhne im Baugewerbe verfallen, da die Geltendmachung zu spät erfolgt sei. Dass der Insolvenzverwalter die Lohnansprüche mit seinen Bescheinigungen anerkannt habe, stehe nicht entgegen, da ein Bürge eine Einrede nicht dadurch verliere, dass der Schuldner auf diese verzichte was sinngemäß auch gelte, wenn der Schuldner die Schuld anerkenne.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie meinte, dass es sich bei der Anwendung einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist nicht um eine Einrede handele, und sähe in der Erteilung einer Insolvenzgeldbescheinigung auch keine rechtsgeschäftliche Erweiterung der Verpflichtung des Bürgen. Zudem sei durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens an die Stelle der tarifvertraglichen Verfallfrist die insolvenzrechtliche Frist zur Anmeldung zur Tabelle getreten, die sie eingehalten habe. Eine Auswertung der auf den Bautagesberichten beruhenden sog. Lohnabrechnungen habe ergeben, dass sogar noch etwas mehr Arbeitsstunden ohne Wege- und Wartezeiten geleistet worden seien, als der Berechnung der Klageforderung zugrunde lägen.

Das LAG Berlin-Brandenburg entschied:

“1. Bauunternehmer haftet für Mindestlohnansprüche gegenüber der Bundesagentur für Arbeit zu Gunsten des Nachunternehmers.

2. Das Mindestentgelt, hinsichtlich dessen den auftraggebenden Unternehmer eine Bürgenhaftung trifft, umfasst nur das Nettoentgelt. Die Bürgenhaftung bezieht sich allein auf den Mindestlohnanspruch, der jedoch nur für tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung erworben wird, weil die Rechtsnormen des durch Rechtsverordnung für allgemein anwendbar erklärten TV Mindestlohn nur insoweit international zwingend sind.

3. Tarifvertragliche Ausschlussfristen gelten zwar auch in der Insolvenz, wenn es um Masseforderungen geht, finden jedoch auf Insolvenzforderungen keine weitere Anwendung.

4. Die Insolvenzsicherung dient nicht der Entlastung des Arbeitgebers oder dessen Auftraggebers, der die Möglichkeit hat, sich durch Auswahl und Überwachung seiner Nachunternehmer, insbesondere durch Vorlage von Zahlungsnachweisen, vor einer Inanspruchnahme als Bürge zu schützen, und selbst dann noch durch Sicherheitseinbehalte für eine Milderung der Folgen einer Insolvenz sorgen kann. Aus diesen Gründen ist in der gesetzlichen Bürgenhaftung auch im Falle der Insolvenz des Nachunternehmers weder ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz noch ein unverhältnismäßiger Eingriff in die unternehmerische Betätigungsfreiheit zu sehen.

LAG Berlin-Brandenburg, Az.: 6 Sa 219/09