(ip/pp) Hinsichtlich der Ermittlung des pfändbaren Teils des Arbeitseinkommens bei der Zwangsvollstreckung hatte der Bundesgerichtshof aktuell zu entscheiden. Die Gläubigerinnen betrieben gegen den Schuldner, ihren Vater, aus einem gerichtlichen Vergleich die Zwangsvollstreckung wegen laufenden und rückständigen Unterhalts. Sie hatten gegen den Schuldner einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erwirkt, mit dem Ansprüche des Schuldners aus seinem Arbeitsverhältnis bei der Drittschuldnerin gepfändet wurden. Der Pfändungsfreibetrag war in der Folge mehrfach erhöht worden, zuletzt auf gut 1.000,- Euro. Hierbei war ein halber Nettomehrbetrag berücksichtigt worden, da der Schuldner inzwischen wieder verheiratet war.

Es wurde beantragt, den Freibetrag auf 750,- Euro zu reduzieren, da die Unterhaltsansprüche der Gläubigerinnen gegenüber dem Unterhaltsanspruch der neuen Ehefrau des Schuldners absoluten Vorrang genießen würden. Der Schuldner hatte darauf die Erhöhung des Pfändungsfreibetrages auf ca. 1.250,- Euro im ersten Schritt und dann auf ca. 1.300,- Euro beantragt und seinen Antrag mit gestiegenen Sozialhilfesätzen und Mietkosten begründet. Das Amtsgericht hatte darauf folgende Freibeträge festgesetzt: Zuerst auf 845,38 Euro zuzüglich 1/3 Nettomehrbetrag, dann auf 871,57 Euro ohne Nettomehrbetrag und schließlich auf 933,45 Euro ohne Nettomehrbetrag. Bei der Berechnung des Sozialbedarfs hatte das Amtsgericht die Änderungen des Unterhaltsrechts berücksichtigt und entschieden, dass die neue Ehefrau des Schuldners ab einem konkreten Zeitpunkt nicht mehr zu berücksichtigen sei.

Die angegebenen Mietkosten hat es - abzüglich Stromkosten - jeweils in vollem Umfang berücksichtigt, also zuerst mit 353,13 Euro, dann mit 379,32 Euro und schließlich mit 441,20 Euro. Gegen diese Entscheidung haben die Gläubigerinnen sofortige Beschwerde mit der Begründung eingelegt, der Wohnbedarf sei zu hoch angesetzt worden. Der Unterhaltsschuldner könne sich nur die Wohnkosten anrechnen lassen, die nach den Regelungen des SGB II für einen Alleinstehenden angemessen seien. Dies seien in der betreffenden Stadt 216,- Euro für eine Wohnung mit 45 qm Wohnfläche, zuzüglich 80,- Euro Unterhaltskosten.

Der BGH entschied: “1. Bei der Ermittlung des pfändbaren Teils des Arbeitseinkommens werden die Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem konkreten Bedarf berücksichtigt, soweit sie nicht den nach den Umständen des Einzelfalls und den örtlichen Gegebenheiten angemessenen Umfang übersteigen. Bei der gebotenen Prüfung ist vorrangig das ortsübliche Mietpreisniveau, wie es sich aus einem qualifizierten Mietspiegel (§ 558d BGB), einem Mietspiegel (§ 558c BGB) oder unmittelbar aus einer Mietdatenbank (§ 558e BGB) ableiten lässt, heranzuziehen (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 18. Juli 2003 - IXa ZB 151/03, BGHZ 156, 30, 37).

2. Auf die Miethöchstgrenzen aus der Tabelle zu § 8 WoGG a.F. kann als Maßstab der Angemessenheit der Kosten für die Unterkunft erst dann zurückgegriffen werden, wenn ein konkretindividueller Maßstab durch lokale Erkenntnismöglichkeiten nicht gebildet werden kann.”

BGH, Az.: VII ZB 103/08