(ip/pp) In einem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Erbrecht ging es um die Pfändbarkeit eines Pflichtteilsanspruchs. Der Gläubiger des konkreten Falles betrieb gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung wegen einer titulierten Forderung in Höhe von 28.000 Euro. Auf seinen Antrag hin hatte das Vollstreckungsgericht den angeblichen Anspruch der Schuldnerin gegen die Drittschuldnerin "auf Pflichtteil nach J. K., gestorben am 31.12.2002" gepfändet und ihm zur Einziehung überwiesen. Der Gläubiger hatte sich weder in seinem Antrag noch im weiteren Verfahren dazu geäußert, ob der Pflichtteilsanspruch durch Vertrag anerkannt worden oder rechtshängig geworden ist. Auch der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss enthielt insoweit keine Angaben sowie keine Hinweise auf eine eingeschränkte Wirkung der Pfändung.

Die Drittschuldnerin hatte demgegenüber gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss Erinnerung mit der Begründung eingelegt, die Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO müssten bereits im Antrag dargelegt und im Beschluss zum Ausdruck gebracht werden; ein Überweisungsbeschluss sei erst zulässig, wenn diese Voraussetzungen erfüllt seien.

Die Erinnerung war ebenso wie die anschließende sofortige Beschwerde ohne Erfolg geblieben. Das Beschwerdegericht hatte die Rechtsbeschwerde zugelassen. Sie hatte teilweise Erfolg und führte zur Aufhebung des Beschlusses, soweit in ihm die Überweisung des gepfändeten Pflichtteilsanspruchs an den Gläubiger zur Einziehung angeordnet wurde, zur Aufhebung der diesen Teil des Beschlusses bestätigenden Rechtsmittelentscheidungen und zur Zurückweisung des entsprechenden Antrags des Gläubigers.

Der BGH fasste im Urteil zusammen: Gemäß § 852 Abs. 1 ZPO sei der Pflichtteilsanspruch der Pfändung nur unterworfen, wenn er durch Vertrag anerkannt worden oder rechtshängig geworden ist. Trotz dieses Wortlauts sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Zugriff der Gläubiger auf den Anspruch möglich, bevor die Voraussetzungen der Norm vorliegen. Gepfändet werde dann der in seiner zwangsweisen Verwertbarkeit durch die Erfüllung der Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO aufschiebend bedingte Pflichtteilsanspruch.

„a) Ein Pflichtteilsanspruch kann vor vertraglicher Anerkennung oder Rechtshängigkeit als in seiner zwangsweisen Verwertbarkeit aufschiebend bedingter Anspruch gepfändet werden ... Der Anspruch ist dann ohne Einschränkung mit einem Pfandrecht belegt, darf aber erst verwertet werden, wenn die Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO vorliegen.

b) Der Antrag des Gläubigers auf Erlass eines Pfändungsbeschlusses und dieser Beschluss müssen keine Angaben dazu enthalten, ob vertragliche Anerkennung oder Rechtshängigkeit vorliegen. Im Hinblick auf die missverständliche Formulierung des § 852 Abs. 1 ZPO wird den Vollstreckungsgerichten bis zu einer gesetzlichen Regelung empfohlen, in den Pfändungsbeschluss in allgemein verständlicher Form einen Hinweis aufzunehmen, dass die Verwertung des Anspruchs erst erfolgen darf, wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind.

c) Der gepfändete Pflichtteilsanspruch darf dem Gläubiger erst zur Einziehung überwiesen werden, wenn die Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO vorliegen. Der Gläubiger kann in entsprechender Anwendung von § 836 Abs. 3 ZPO insoweit Auskunft vom Schuldner verlangen.

d) Schuldner und Drittschuldner können mit der Erinnerung nach § 766 ZPO geltend machen, dass die Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO für die Überweisung zur Einziehung nicht vorliegen.“

BGH, Az.: VII ZB 30/08