(ip/RVR) Der Bundesgerichtshof hat sich mit Beschluss vom 11. Mai diesen Jahres zu Fragen der Verfahrenskostenstundung und der Sperrfrist des § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO nach vorzeitig erteilter Restschuldbefreiung geäußert.

In dem Verbraucherinsolvenzverfahren der Schuldnerin wurde im September 2006 vorzeitig Restschuldbefreiung erteilt, nachdem alle Massekosten, alle bekannten Massegläubiger sowie sämtliche angemeldeten Insolvenzforderungen befriedigt worden waren. Nach der Schlussverteilung wurde das Verfahren aufgehoben.

Im Dezember 2008 wurde per Fremdantrag ein erneutes Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin begehrt sowie ein vorläufiger Verwalter eingesetzt. Im Januar 2009 folgte der Eigenantrag, verbunden mit einem Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten sowie Erteilung der Restschuldbefreiung. Im vorgedruckten Antrag auf Verfahrenskostenstundung war von der Schuldnerin der Satz „In den letzten zehn Jahren vor meinem Eröffnungsantrag oder danach ist mir weder Restschuldbefreiung erteilt noch versagt worden“ (vgl. hierzu § 4a Abs. 1 S. 3 und 4 InsO) angekreuzt worden.

Die zunächst erteilte Stundung wurde per Beschluss vom 12.03.2009 vom Insolvenzgericht nach § 4c Nr. 1 InsO wieder aufgehoben. Hiergegen wand sich die Schuldnerin zunächst erfolglos mit der Beschwerde, gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts legte sie sodann Rechtsbeschwerde zum BGH ein.

Die angegriffene Entscheidung wurde vom IX. Senat jedoch als rechtsfehlerfrei bestätigt.

Zum einen habe die Schuldnerin grob fahrlässig beim Ausfüllen des Antrags auf Kostenstundung gehandelt und damit die Voraussetzung des § 4c Nr. 1 InsO erfüllt. Die oben angesprochene Erklärung war objektiv falsch. Die Schuldnerin könne sich nicht mit dem Einwand entlasten, ihr Verfahrensbevollmächtigter habe das Formular für sie ausgefüllt, Gerade das Unterschreiben einer ungelesenen Erklärung sei grob fahrlässig, weil der Unterzeichner in einem solchen Fall dasjenige außer Acht lasse, was in der gegebenen Situation jedem einleuchten würde. Sie hätte auch nicht von einem richtigen Ausfüllen des Antrags ausgehen können, weil der Verfahrensbevollmächtigte sie schon im ersten Konkurs vertreten habe. Denn hätte sie das Ausfüllen der Formulare einer gänzlich ununterrichteten Person überlassen, so wäre - im Umkehrschluss - das ungelesene Unterschreiben gar als bedingt vorsätzlich hinsichtlich der Unrichtigkeit zu bewerten gewesen. Schließlich greife auch der Einwand nicht durch, die Schuldnerin hätte die erteilte vorzeitige Restschuldbefreiung im ersten Verfahren nicht in dem Sinne der im Antrag vorgedruckten Erklärung würdigen müssen. Nach eigenen Angaben habe sie nämlich die Erklärung ungelesen unterschrieben und eben nicht in der Meinung, das Unterschriebene für zutreffend zu halten.

Zum anderen sei der Beschwerdeführerin auch nicht darin zu folgen, die vorzeitig erteilte Restschuldbefreiung im ersten Verfahren stelle keinen Umstand dar, welcher für die Stundung maßgeblich sei (vgl. §§ 4c Nr. 1, 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO). Seien alle im Verfahren angemeldeten und anerkannten Forderungen vor Restschuldbefreiung beglichen worden, so stehe einer erneuten Restschuldbefreiung nicht § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO im Wege, weil die Norm diesen Sonderfall nicht erfasse. Der BGH lässt zwar erkennen, dass er im Einzelfall, nämlich dann, wenn der Beschluss über die Restschuldbefreiung nur „pro forma“ ergeht, eine Ausnahme der Sperrwirkung des § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO nicht von vornherein ausschließen will (Rz. 16 der Entscheidung). Ein solcher Fall sei hier aber nicht gegeben, die Restschuldbefreiung wirke gemäß § 301 Abs. 1 InsO gegen alle Gläubiger, auch wenn sie ihre Forderungen nicht angemeldet haben. Dass solche Forderungen nicht bekannt wurden, ändere nichts an dieser Rechtswirkung. Die Schuldnerin hätte die Folgen der Sperrfrist durch die Rücknahme des Restschuldbefreiungsantrags oder durch Antrag auf Einstellung des Verfahrens nach § 212 InsO umgehen können. Bekräftigt wird diese Entscheidung durch die Erwägung, § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO gebiete nach seinem klaren Wortlaut keine Prüfung im Einzelfall, ob dem Schuldner tatsächlich ein unredliches Verhalten vorgeworfen werden kann oder eine Ausnahme von der Sperrfrist zu erwägen ist.

BGH, vom 11.05.2010, Az. IX ZB 167/09

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