(ip/RVR) Nach Ansicht des BGH soll die Zahlung eines Drittschuldners auf ein nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens fortbestehendes Anderkonto keine schuldbefreiende Wirkung haben, es sei denn, der Schuldner hätte die Zahlung angewiesen oder genehmigt oder den Kontoinhaber zur Einziehung ermächtigt.

Nach Aufhebung eines ersten Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin überwies eine Drittschuldnerin den Betrag aus einer offenen Forderung auf das weiterbestehende Anderkonto des vormaligen Insolvenzverwalters. Einen Teil zahlte dieser an die Schuldnerin, einen weiteren buchte er zu seinen Gunsten als Verwaltervergütung ab. Sodann wurde über das Vermögen der Schuldnerin erneut ein Insolvenzverfahren eröffnet und ein neuer Verwalter bestellt. Dieser ließ sich einen vermeintlichen Bereicherungsanspruch der Drittschuldnerin gegen den vorigen Insolvenzverwalter abtreten und erhob gegen diesen Zahlungsklage abzüglich des Betrages, welcher von dem Beklagten an die Schuldnerin bereits ausgereicht wurde.

Das LG wies die Klage ab, die Berufung des Klägers hiergegen war erfolgreich. Der Beklagte legte Revision ein, allerdings ohne Erfolg.

Denn dem Kläger stünde ein Kondiktionsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 BGB in der geforderten Höhe gegen den Beklagten aus abgetretenem Recht zu. Da das Anderkonto als offenes Vollrechtstreuhandkonto zu qualifizieren sei, aus dem ausschließlich der Kontoinhaber persönlich der Bank gegenüber berechtigt und verpflichtet sei, habe die Drittschuldnerin weder an die Gemeinschuldnerin noch an die Masse geleistet. Allein der Beklagte sei als Konto- und damit Forderungsinhaber bereichert. Erst recht gelte dies bei einer Aufhebung des Verfahrens und Beendigung des Verwalteramtes, weil damit auch der Insolvenzbeschlag ende. Auch eine etwaige Vereinbarung zwischen dem damaligen Verwalter und der Schuldnerin, das Treuhandkonto als Rechtsanwalts-Anderkonto weiterzuführen, ändere hieran nichts.

Desweiteren sei die Drittschuldnerin durch die Zahlung nicht von ihrer Schuld gegenüber der Insolvenzschuldnerin frei geworden und habe mithin rechtsgrundlos geleistet. Nach den Feststellungen der Instanzgerichte sei weder dargetan, dass die Schuldnerin die Drittschuldnerin angewiesen hätte, auf das Anderkonto einzuzahlen (dann Erfüllung nach §§ 362 Abs. 2, 185 Abs. 2 BGB) noch die Zahlung nachträglich genehmigt hätte.

Eine Ermächtigung des Beklagten, die Forderung einzuziehen, sei ebenfalls nicht ersichtlich. Aus einer Vereinbarung hinsichtlich der Verwendung des bei Verfahrensaufhebung bestehenden Kontoguthabens (wie etwa die Entnahme der Verwaltervergütung) gehe eine Ermächtigung zur Entgegennahme von Geldern nicht zwingend hervor. „Nur wenn der Beklagte mit der Schuldnerin vereinbart hätte, dass über das Anderkonto weiterhin die Alt- und Neuforderungen der Schuldnerin eingezogen werden sollten, läge darin zugleich die Ermächtigung zur Entgegennahme dieser Gelder“ (Rz. 15 der Entscheidung).

Ein Freiwerden von der Leistungspflicht wegen Zahlung an den Nichtberechtigten in Unkenntnis der Verfahrensaufhebung nach § 82 InsO analog scheide nach den bindenden Feststellungen ebenfalls aus. Der Entreicherungseinwand des Beklagten nach § 818 Abs. 3 BGB schließlich scheitere schon daran, dass sich durch die Abbuchung des Vergütungsbetrags vom Anderkonto nichts an der Vermögenslage geändert hätte; allenfalls sei das Vermögen umgeschichtet worden.

BGH vom 12.05.2011, Az. IX ZR 133/10


© Copyright immobilienpool.de Media / RVR Rechtsanwälte Stuttgart