(ip/RVR) In einem seiner Beschlüsse aus dem Jahre 2010 befasste sich das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG Karlsruhe) mit der Frage danach, welche Auswirkungen das Wertloswerden eines Pfändungsgegenstandes (hier: eine Lebensversicherung als Pfändungsgegenstand) auf die nach § 25 Abs. 1 Nr.1 RVG im Vollstreckungsverfahren entstandenen Gebühren hat.

Die Beantwortung dieser Frage ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten: Nach einer Ansicht können die Rechtsanwaltsgebühren, wenn sich herausstellt, dass der gepfändete Gegenstand wirtschaftlich wertlos ist, nur aus dem gesetzlichen Mindeststreitwert von 300 Euro gem. § 13 Abs. 1 S. 1 RVG berechnet werden, wobei dem Rechtsanwalt zumindest die Mindestgebühr von 10 Euro nach § 13 Abs. 2 RVG zustehe; die Gegenmeinung stellt bei einem wertlosen Pfändungsobjekt auf den Wert der zu vollstreckenden Forderung ab, während eine dritte Meinung den höchsten während der Zwangsvollstreckungsmaßnahme ermittelten Wert des Vollstreckungsobjekts für maßgeblich hält, der mangels anderweitiger Grundlagen ggf. durch anwaltliche Schätzung zu ermitteln sei.

Der Senat schließt sich der gegen die erstgenannte Auffassung geäußerte Kritik an, dass es der Systematik des RVG widerspricht, die Höhe des Anwaltshonorars vom Erfolg der anwaltlichen Tätigkeit abhängig zu machen. Andererseits steht die zweite Auffassung, so das OLG Karlsruhe, die den Wert des Vollstreckungsobjekts unberücksichtigt lässt, in Widerspruch zum Wortlaut des § 25 Abs. 1 Nr. 1 2. Halbsatz RVG, „denn auch (und gerade) wenn der Wert des gepfändeten Gegenstands 0 Euro beträgt, ist er geringer als derjenige der zu vollstreckenden Forderung.“ Es ist jedoch zu beachten, dass es bei der genannten Bestimmung nicht darum geht, strikt auf den erst nachträglich ermittelten objektiven Wert des Vollstreckungsobjekts abzustellen. Es lässt sich vielmehr mit ihrem Wortlaut vereinbaren, den subjektiven Vorstellungen des Vollstreckungsgläubigers bzw. seines Rechtsanwalts vom Wert des Vollstreckungsobjekts eine maßgebliche Bedeutung zukommen zu lassen. „Hierdurch wird auch dem Umstand angemessen Rechnung getragen, dass es unbillig ist, das gebührenrechtliche Risiko des Erfolgs einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme einseitig dem Rechtsanwalt aufzubürden, dessen Aufwand durch die Zuerkennung der Mindestgebühr von 10 Euro wohl bei keiner Zwangsvollstreckungsmaßnahme gedeckt sein wird (vgl. Hartung/Römermann/Schons, a.a.O., Rdnr. 12 und 15).“

Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass der Umstand, dass die Pfändung der Forderung aus dem Lebensversicherungsvertrag ins Leere gegangen ist, für die Bemessung der im erstinstanzlichen Zwangsvollstreckungsverfahren angefallenen Rechtsanwaltskosten keine wertmindernde Bedeutung hat.

Der Leitsatz fasst zusammen:
„Auch wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass der gepfändete Gegenstand wertlos ist, hat der Rechtsanwalt des Vollstreckungsgläubigers für seine Tätigkeit im Zwangsvollstreckungsverfahren nicht nur Anspruch auf die Mindestgebühr nach § 13 Abs. 2 RVG. Vielmehr richtet sich der Gegenstandswert der ihm zustehenden Gebühren (§ 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG) nach den subjektiven Vorstellungen des Vollstreckungsgläubigers vom Wert des Vollstreckungsobjekts zu Beginn der anwaltlichen Tätigkeit, sofern diese hinreichend plausibel sind und eine nachvollziehbare tatsächliche Basis haben (entgegen OLG Köln Rpfleger 2001, 149, 152).“

OLG Karlsruhe vom 16.09.2010, Az.: 17 W 18/10


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