(IP) Hinsichtlich Zulassung zur Rechtsanwaltschaft und Vermögensverfall bei drohender Zwangsversteigerung hat der Anwaltsgerichtshof NRW mit Leitsatz entschieden.

„Der Vermögensverfall verlangt keine Überschuldung. Er kann sich aus der mangelnden Liquidität eines Rechtsanwalts ergeben, wenn dieser nicht in der Lage ist, seine Verbindlichkeiten aus liquiden Finanzmitteln zu erfüllen.“

Die beklagte Anwaltskammer erhielt durch eine Mitteilung nach der Allgemeinen Verfügung des Justizministers NRW Kenntnis von einem gegen den Kläger gerichteten Zwangsversteigerungsverfahren. Es ging dabei um offene Forderungen von ca. 390.000,- €. Von dem Zwangsversteigerungsverfahren waren die in Eigentum des Klägers stehende Immobilie sowie ein Ferienhaus betroffen. Die Kammer wies den Kläger in Folge darauf hin, dass angesichts besonders der Zwangsversteigerungen der Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft drohe. Der Kläger teilte als Reaktion mit, das Zwangsversteigerungsverfahren gehe auf eine Darlehensforderung einer Sparkasse zurück. Den Darlehensvertrag sei er wegen der Renovierung seiner Immobilie, in der er seine Wohnung habe und seine Kanzlei betreibe, über ursprünglich rd. 150.000,- Euro eingegangen. Die Sparkasse habe das Darlehen wegen eines angeblichen Zahlungsrückstandes gekündigt. Über die Wirksamkeit der Kündigung bestehe Streit. Er sei bemüht, die Forderungen der Sparkasse entweder durch eine Umschuldung oder durch den Verkauf eines Hauses bzw. der Kanzleiimmobilie abzulösen. Die beklagte Kammer stellte daraufhin das Widerrufsverfahren für einen Zeitraum von 6 Monaten ruhend. Aufgrund der Mitteilung des Klägers, dass er in konkreten Verkaufsverhandlungen stehe, gewährte die Beklagte dem Kläger im Anschluss noch mehrfach Fristverlängerung, um die Erfüllung der Verbindlichkeiten zu belegen.

Dann wurde jedoch aufgrund der Forderungen die Zwangsversteigerung der Immobilie und die Zwangsverwaltung des Grundbesitzes angeordnet. Darauf hatte die beklagte Kammer die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft widerrufen. Zur Begründung hatte sie unter Bezugnahme auf eine tagesaktuelle Forderungsaufstellung mitgeteilt, der Kläger habe die Vermutung, er sei in Vermögensverfall geraten sei, nicht ausgeräumt. Der Verweis auf das vorhandene Immobiliarvermögen sei nicht ausreichend, da es nicht zur Tilgung der Verbindlichkeiten herangezogen werden könne.

Diese Widerrufsverfügung hatte der Kläger beim Anwaltsgerichtshof angefochten.

Anwaltsgerichtshof NRW, Az.: 1 AGH 79/16

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