Als sozialadäquat hinnehmen
Lesezeit: 3 Minuten
(ip/pp) Ob ein Kinderspielplatz als Mietmangel angesehen werden könne, war Gegenstand eines aktuellen Verfahren vor dem Amtsgericht (AG) Frankfurt. Die Klägerin war Vermieterin, die Beklagte Mieterin einer im Erdgeschoss gelegenen Wohnung. Unmittelbar davor lag vom Anfang des Mietzeitraumes an ein Kinderspielplatz. Die Beklagte und ihr Ehemann hatten bereits in der Vergangenheit Teile der Miete wegen vom Kinderspielplatz ausgehender Lärmbelästigungen einbehalten.
Die monatliche Gesamtmiete betrug seit Februar bis einschließlich Dezember des vorletzten Mietjahres knapp 600,- Euro, in der Zeit darauf gut 600,- Euro. Unter Berücksichtigung von Gutschriften von Guthaben aus Betriebskostenabrechnungen ermittelte die Klägerin für diesen Zeitraum den eingeklagten Rückstand. Die Klägerin beantragte, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin knapp 1.500,- Euro nebst Zinsen zu zahlen.?Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptete, zu Beginn des Mietverhältnisses sei von einem Aushilfshausmeister erklärt worden, der Spielplatz würde verlegt werden. Auf dem Kinderspielplatz würden sich tagsüber nicht nur Kinder, sondern auch Jugendliche und deren Eltern aufhalten. Insbesondere in Abendstunden würden sich dort Erwachsene und Betrunkene aufhalten, die dort nächtliche Gelage abhielten. Hierdurch würden permanente Störungen verursacht, wie sich diese im Einzelnen aus den Lärmprotokollen ergäben.
Das AG Frankfurt entschied: Die Klägerin könne von der Beklagten die Zahlung der einbehaltenen Mieten verlangen, da die Beklagte diese schuldig geblieben sei. Denn die vertraglich vereinbarte Miete sei während dieses Zeitraums nicht wegen Mängeln, die die Tauglichkeit der Wohnung zu ihrem vertragsgemäßen Gebrauch mehr als nur unerheblich beeinträchtigt haben, gemindert gewesen. Der Umstand, dass ein Kinderspielplatz vorhanden sei, der als solcher genutzt werde, stelle keinen Mangel dar, ohne dass die Intensität des dadurch zwangsläufig verursachten Geräuschpegels erörtert werden müsse.
Wohnhäuser und Wohnbereiche, die mit Kinderspielplätzen, Bolzplätzen und ähnlichem ausgestattet wären, seien "kinderfreundlich". Solche Wohnungen würden gerade von jungen Familien mit Kindern bevorzugt gesucht. Je mehr Kinder, die denknotwendig im Laufe der Jahre zu Jugendlichen und jungen Erwachsenen heranwüchsen, dort leben, desto höher sei die Geräuschkulisse - das liege in der Natur der Sache. Dies gelte auch dann, wenn diese Geräuschkulisse von einem durchschnittlichen Erwachsenen als "unerträglich" empfunden werde. Eine kinderfreundliche Umgebung, die schon aus gesellschaftspolitischen Gründen dringend benötigt werde, müsse solche Erscheinungen als sozialadäquat hinnehmen.
“Der Umstand, dass ein Kinderspielplatz vorhanden ist, der als solcher genutzt wird, stellt keinen Mangel dar, ohne dass die Intensität des dadurch zwangsläufig verursachten Geräuschpegels erörtert werden muss. Dies gilt auch dann, wenn diese Geräuschkulisse von einem durchschnittlichen Erwachsenen als "unerträglich" empfunden wird. Eine kinderfreundliche Umgebung, die schon aus gesellschaftspolitischen Gründen dringend benötigt wird, muss solche Erscheinungen als sozialadäquat hinnehmen.”
AG Frankfurt, Az.: 33 C 2368/08