(IP/CP) Vor dem Oberlandesgericht OLG Dresden ging es in einem aktuellen Verfahren um die Haftung einer kreditierenden Bank bei von ihr geprüften überteuerten Kaufverträgen. Der Kläger wandte sich gegen eine Vollstreckung aus einer Grundschuld bei einem von der beklagten Bank finanzierten Erwerb einer Eigentumswohnung. Jene hatte der Kläger zu einem Preis von 190.000,- EUR erworben, in Unkenntnis dessen, dass die Verkäuferin ihrerseits das in Rede stehende Kaufobjekt in den Vortagen erst für 95.000,- EUR erstanden hatte. Vor Abschluss des Darlehensvertrages hatte die Kredit gebende Bank das Objekt durch einen ihrer Mitarbeiter besichtigen und dessen Sachwert mit 187.200,- EUR errechnen lassen. Sie ließ sich eine Grundschuld über 190.000,- EUR sichern und unterwarf den Käufer der sofortigen Zwangsvollstreckung über sein Vermögen. Nachdem der Kläger die Zahlungen auf das Darlehen eingestellt hatte, begann die Bank die Zwangsvollstreckung. Darauf klagte der Käufer auf sittenwidrige Überhöhung des Kaufpreises und reklamierte seitens der Bank, die nicht nur im ihn betreffenden Einzelfall für den Verkäufer tätig war, auf unterlassene Beratungspflicht.

Das OLG gab ihm Recht. Die Berufung sei „deshalb begründet, weil die Beklagte aus Aufklärungsverschulden unter dem Gesichtspunkt eines Wissensvorsprunges hinsichtlich der sittenwidrigen Überteuerung des Kaufpreises haftet, was ihre Zwangsvollstreckung aus der in Streit stehenden notariellen Urkunde unzulässig macht.“ Zwar sei eine finanzierende Bank bei Steuer sparenden Erwerbermodellen nicht generell verpflichtet, einen Darlehensnehmer über die Risiken eines Darlehens aufzuklären, aber: „Vielmehr kann ausnahmsweise eine Aufklärungs- und Beratungspflicht der Kredit gebenden Bank in Betracht kommen, wenn sie im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Prospekts über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht, wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder dessen Entstehung begünstigt, wenn sie sich im Zusammenhang mit der Kreditgewährung sowohl an den Bauträger als auch die einzelnen Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder wenn sie in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen“ kann.

Der Leitsatz fasst zusammen: „Die Finanzierung des Erwerbes einer Immobilie zu 100% durch eine Bank darf der Kreditnehmer als Beleg dafür werten, dass die Bank seine Einschätzung des Kaufpreises als angemessen teilt. Die Bank ist daher verpflichtet, die Angemessenheit des Preises vor Kreditvergabe zu prüfen. Unterlässt sie eine solche Prüfung, ist sie dem Kreditnehmer für den Fall der sittenwidrigen Überhöhung des Kaufpreises zum Schadenersatz verpflichtet.“

OLG Dresden, AZ.: 9 U 1758/11


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