Einwilligungserfordernis bei Schenkung von Wohnungseigentum
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(ip/RVR) Die Beteiligte zu 1 teilte ihr Grundstück in Wohnungseigentum auf, sodass zwei Eigentumswohnungen entstanden. Die große Wohnung übertrug sie dem Vater der Beteiligten zu 2. Die kleine Wohnung schenkte sie mit notariellem Vertrag der Beteiligten zu 2 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge und unter Anrechnung auf ihren künftigen Pflichtteil und ließ sie ihr auf. In dem Schenkungsvertrag behielt sie sich ein lebenslanges Nießbrauchsrecht an der Eigentumswohnung und den Rücktritt unter anderem für den Fall einer Veräußerung der Wohnung ohne ihre schriftliche Zustimmung und für den Fall einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten zu 2 vor. Der sich hieraus ergebende Rückauflassungsanspruch soll durch eine Vormerkung gesichert werden. Das Grundbuchamt hat den Vollzug des Vertrags im Wege der Zwischenverfügung von der Genehmigung eines zu bestellenden Ergänzungspflegers abhängig gemacht. Die Beschwerde der Antragstellerinnen hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Dagegen wenden sich diese mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde. Sie wollen erreichen, dass der Schenkungsvertrag ohne die verlangten Genehmigungen vollzogen wird.
Der V. Senat des BGH entschied hierzu, dass der (schenkweise) Erwerb einer Eigentumswohnung stets der Genehmigung des gesetzlichen Vertreters nach § 107 BGB bedarf, weil er nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist. Auf den Inhalt der Gemeinschaftsordnung, das Bestehen eines Verwaltervertrags oder eines Mietvertrags über die Eigentumswohnung kommt es dabei nicht an.
Diesbezüglich führte er näher aus: Ein auf den Erwerb einer Sache gerichtetes Rechtsgeschäft ist für den Minderjährigen dann nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn er in dessen Folge mit Verpflichtungen belastet wird, für die er nicht nur dinglich mit der erworbenen Sache, sondern auch persönlich mit seinem sonstigen Vermögen haftet. Ob das der Fall ist, bestimmt sich entgegen der früheren Rechtsprechung des Senats nicht nach einer Gesamtbetrachtung des dinglichen und des schuldrechtlichen Teils des Rechtsgeschäfts, sondern nach einer isolierten Betrachtung allein des dinglichen Erwerbsgeschäfts, hier also allein der Eigentumsübertragung. Ob die Auflassung einer Eigentumswohnung in diesem Sinne für den Minderjährigen nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist, wird unterschiedlich beurteilt.
Nach herrschender Meinung ist der Erwerb einer Eigentumswohnung grundsätzlich lediglich rechtlich vorteilhaft. Anders sei es nur, wenn die Gemeinschaftsordnung nicht unerhebliche Verschärfungen zu Lasten des Minderjährigen vorsehe, wenn ein Verwaltervertrag bestehe und der Minderjährige mit dem Erwerb der Eigentumswohnung in diesen eintrete oder wenn die Eigentumswohnung vermietet sei. Hier wurde mit der Teilungserklärung zwar vereinbart, dass sämtliche Betriebskosten nach Miteigentumsanteilen zu tragen sind; die verbrauchsabhängigen Kosten sind davon jedoch ausgenommen, so dass die Beteiligte zu 2 gegenüber der gesetzlichen Lastenverteilung nicht, jedenfalls nicht nennenswert schlechter gestellt ist. Nach dieser Meinung wäre der Erwerb der Eigentumswohnung für die Beteiligte zu 2 hier lediglich rechtlich vorteilhaft.
Nach der Gegenauffassung ist der Erwerb einer Eigentumswohnung durch einen Minderjährigen stets als nicht lediglich rechtlich vorteilhaft anzusehen, schon weil der Minderjährige mit dem Erwerb der Eigentumswohnung Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft werde. Für deren Verbindlichkeiten hafte er, wenn auch beschränkt auf seinen Anteil, nicht nur mit dem geschenkten Gegenstand, sondern auch mit seinem übrigen Vermögen.
Der Senat selbst hat bisher nur entschieden, dass der Erwerb einer Eigentumswohnung jedenfalls dann als nicht lediglich rechtlich vorteilhaft anzusehen ist, wenn die Gemeinschaftsordnung nicht unerheblich zu seinen Lasten abweicht. Nun entschied er, dass der Erwerb einer Eigentumswohnung für einen Minderjährigen stets nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist, unabhängig von der Ausgestaltung der Teilungserklärung, und unabhängig davon, ob bei Vollzug des Erwerbs ein Verwaltervertrag besteht oder ob die Eigentumswohnung vermietet ist. Denn der Erwerb einer Eigentumswohnung ist für den Minderjährigen jedenfalls deshalb nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, weil er mit dem Erwerb der Eigentumswohnung nicht nur einen Vermögensgegenstand erwirbt, sondern Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft wird. Die den Minderjährigen damit kraft Gesetzes treffenden persönlichen Verpflichtungen können nicht generell als ihrem Umfang nach begrenzt und wirtschaftlich so unbedeutend angesehen werden, wie es der Senat bei der mit dem Erwerb eines Grundstücks verbundenen Verpflichtung zur Tragung der öffentlichen Lasten angenommen hat. Vielmehr können sie eine Verweigerung der Genehmigung durch den gesetzlichen Vertreter rechtfertigen. Denn als Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft wäre der Minderjährige nach § 16 Abs. 2 WEG nicht nur verpflichtet, sich entsprechend seinem Anteil an den Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums zu beteiligen. Er hätte außerdem anteilig auch die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung, sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums zu tragen. Diese Kosten können ein je nach dem Alter und dem Zustand des Gebäudes, in dem sich die Eigentumswohnung befindet, ganz erhebliches Ausmaß annehmen.
Hinzu kommt, dass der Minderjährige als Wohnungseigentümer nach § 16 Abs. 2 WEG verpflichtet wäre, sich durch Sonderumlagen an Wohngeldausfällen zu beteiligen. Desweiteren haftet der Minderjährige als Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 8 Satz 1 Halbsatz 1 WEG infolge des Erwerbs der Eigentumswohnung kraft Gesetzes den Gläubigern der Wohnungseigentümergemeinschaft für Verbindlichkeiten, die während seiner Zugehörigkeit zur Gemeinschaft entstehen oder fällig werden. Die Haftung ist zwar der Höhe nach auf einen Betrag begrenzt, der seinem Anteil am Gemeinschaftseigentum entspricht. In diesem Umfang haftet der Minderjährige aber nicht nur mit der ihm geschenkten Eigentumswohnung, sondern auch mit seinem übrigen Vermögen. Dieser Nachteil entfällt hier nicht deshalb, weil sich die Beteiligte zu 1 einen lebenslangen Nießbrauch an der Eigentumswohnung vorbehalten hat. Der Nießbrauch würde zwar nach § 5 des Schenkungsvertrages dazu führen, dass die Beteiligte zu 1 im Innenverhältnis der Beteiligten untereinander die Kosten der gewöhnlichen Unterhaltung allein zu tragen hätte. Das entlastet die Beteiligte zu 2 im Außenverhältnis zu ihren Gläubigern aber nicht, da die gesetzliche Haftung nach § 10 Abs. 8 Satz 1 Halbsatz 1 WEG nur durch eine Vereinbarung mit dem begünstigten Gläubiger geändert werden könnte. Im Übrigen endete die Entlastung im Innenverhältnis auch mit dem Ende des Nießbrauchs.
Der Erwerb einer Eigentumswohnung durch einen Minderjährigen ist mithin in jedem Fall nicht lediglich rechtlich vorteilhaft. Er bedarf nach § 107 BGB der Genehmigung durch den gesetzlichen Vertreter. Weil beide Elternteile nach § 1629 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB an der Vertretung gehindert sind, ist die Bestellung eines Ergänzungspflegers nach § 1909 BGB erforderlich. Auf dessen Genehmigung hat das Grundbuchamt zu Recht abgestellt.
BGH vom 30.09.2010, Az. V ZB 206/10
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