(ip/RVR) Das Oberlandesgericht Frankfurt befasste sich kürzlich mit der Problematik einer baulichen Veränderung in Form der Errichtung einer aus Pflanzsteinen samt Bepflanzung mit Thujen bestehenden Mauer zwischen zwei Sondernutzungsflächen. Die Beteiligten sind die Miteigentümer einer Wohnungseigentumsanlage. Dem Antragsteller und den Antragsgegnern gehört jeweils eine Wohnung in aneinander angrenzenden Häusern. Den Beteiligten stehen Sondernutzungsrechte an Gartenflächen zu, die aneinander grenzen.

Sie streiten sich um die Beseitigung einer aus Florwallsteinen errichteten und mit Thujen bepflanzten Mauer, die von den Antragsgegnern gemäß den Feststellungen des Amtsgerichts auf ihrer Sondernutzungsfläche entlang der Grenze zu der dem Sondernutzungsrecht des Antragstellers unterliegenden Gartenfläche errichten worden ist. Nach Durchführung von Ortsbesichtigungen wiesen sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht den Antrag des Antragstellers auf Rückbau zurück.

Im landgerichtlichen Verfahren hatte der Antragsteller über seine erstinstanzlichen Anträge hinaus neu beantragt, die Kirschlorbeerpflanze neben der Terrasse zu entfernen, da der Grenzabstand nach § 38 HessNachbarG nicht eingehalten sei. Das Landgericht änderte auf die Erstbeschwerde des Antragstellers den amtsgerichtlichen Beschluss insoweit ab, als es die Antragsgegner verpflichtete, eine Kirschlorbeerpflanze neben der Terrasse zu entfernen.

Der Antragsteller wendet sich gegen den Beschluss des Landgerichts mit der sofortigen weiteren Beschwerde. Er verfolgt hinsichtlich des Rückbaus der aus Florwallsteinen mit Thujabepflanzung errichteten Mauer seinen bisherigen Antrag weiter. Er trägt unter anderem vor, entgegen den Feststellungen des Landgerichts sei er durch die streitgegenständliche Mauer beeinträchtigt, da die entlang der Grenze auf seinem Grundstück vorhandenen Pflanzen in ihrer Entwicklung durch die „Abmauerung“ im Wurzelbereich geschädigt würden. Darüber hinaus beantragt der Antragsteller, die Antragsgegner zur Entfernung beider Kirschlorbeerpflanzen neben der Terrasse zu verpflichten. Es fehle die Vollstreckungsfähigkeit, da der landgerichtliche Beschluss nicht bezeichne, welche der beiden Kirschlorbeerpflanzen zu entfernen sei.

Die Antragsgegner treten der weiteren Beschwerde entgegen.

Das Oberlandesgericht Frankfurt entschied, dass die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gemäß den §§ 45 Abs. 1 WEG a.F., 62 Abs. 1 WEG n.F. statthaft und auch ansonsten zulässig ist. Sie ist jedoch nur im Umfang des Tenors begründet.

Das OLG führte aus, dass das Landgericht ohne Rechtsfehler davon ausgegangen ist, dass dem Antragsteller der geltend gemachte Beseitigungsanspruch gemäß den §§ 1004 Abs. 1 BGB, 14 Nr. 1, 22 Abs. 1 WEG nicht zusteht. Es fehlt an einer Beeinträchtigung des Antragstellers, die das Maß des § 14 Nr. 1 WEG überschreiten würde.

„Um bauliche Veränderungen im Sinn des § 22 WEG handelt es sich bei auf Dauer angelegten gegenständlichen Eingriffen in die Substanz des gemeinschaftlichen Eigentums, die nicht mehr der Pflege, Erhaltung oder Bewahrung des gegenwärtigen Zustands oder seiner erstmaligen Herstellung dienen, sondern darüber hinaus einen neuen Zustand schaffen (Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten: WEG, 8. Aufl., § 22, Rdnr. 11).“ Aus dieser Definition lässt sich herleiten, dass die Errichtung der Florwallmauer samt Thujabepflanzung eine bauliche Veränderung darstellt. „Aber auch soweit die Errichtung und Bepflanzung der Mauer ohne Substanzeingriffe erfolgt sein sollte, besteht dann ein Unterlassungsanspruch nach § 15 Abs. 3 WEG, wenn von dem gemeinschaftlichen Eigentum ein Gebrauch gemacht wird, der zu einem Nachteil im Sinn von § 14 Nr. 1 WEG führt (BGH NJW 2004, 937, 938; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, 9. Aufl., § 22, Rdnr. 11).“ Demgegenüber hat ein Wohnungseigentümer gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG in Verbindung mit § 14 Nr. 1 WEG eine bauliche Veränderung hinzunehmen, durch die ihm kein Nachteil erwächst, „der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht.“ Im vorliegenden Fall wurde rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass eine Beeinträchtigung des Antragstellers nicht gegeben ist. Entgegen der Begründung der weiteren Beschwerde hat die Kammer eine Beeinträchtigung im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG sowohl hinsichtlich der sog. Florwallsteine als auch hinsichtlich der darin eingepflanzten Thujen verneint.

Auch soweit in der weiteren Beschwerde erstmals vorgetragen wird, eine Beeinträchtigung liege in der Schädigung der Pflanzen auf dem Sondernutzungsteil des Antragstellers durch eine „Abmauerung“ im Wurzelbereich, kann dies nicht zum Erfolg führen, denn neue Tatsachen und Beweismittel können, soweit sie sich auf die Sache selbst beziehen, in der Rechtsbeschwerdeinstanz grundsätzlich weder von den Beteiligten, noch durch das Gericht eingeführt werden. Folglich können sie im Rechtsbeschwerdeverfahren grundsätzlich keine Berücksichtigung mehr finden.

„Entsprechendes gilt auch, soweit der Antragsteller sein Beseitigungsbegehren hinsichtlich der Thujabepflanzung auf die Nichteinhaltung von Grenzabständen nach dem Hessischen Nachbarrechtsgesetz stützt.“ Es ist jedoch zu beachten, dass die angefochtene Entscheidung insoweit auf einem Rechtsfehler beruht, als darin die Verpflichtung der Antragsgegner zur Entfernung einer Kirschlorbeerpflanze neben der Terrasse ausgesprochen wird. Da die beiden Kirschlorbeerpflanzen den nach § 38 Nr. 3b HessNachbarG erforderlichen Grenzabstand von 50 cm nicht einhalten, hätte die Kammer auf die Stellung eines sachgerechten Antrags hinwirken bzw. den gestellten Antrag auslegen oder in den Entscheidungsgründen ausführen müssen, dass und aus welchen Gründen der Beseitigungsanspruch nur bezüglich einer Pflanze und zwar welcher von beiden für begründet erachtet wird.

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen, soweit durch den angefochtenen Beschluss die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen die Zurückweisung seines Antrags auf Verpflichtung der Antragsgegner zur Entfernung der auf ihrer Sondernutzungsfläche aus sog. Florwallsteinen errichteten Mauer einschließlich der darin gepflanzten Thujen zurückgewiesen worden ist.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben, soweit darin die Antragsgegner zur Entfernung einer Kirschlorbeerpflanze neben der Terrasse verpflichtet worden sind, und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Der Leitsatz fasst zusammen:
„Die Errichtung einer aus Pflanzsteinen samt Bepflanzung mit Thujen bestehenden Mauer zwischen zwei Sondernutzungsflächen stellt eine bauliche Veränderung nach §§ 22 Abs. 1 Satz 1, 14 Nr. 1 WEG dar.“


OLG Frankfurt vom 06.04.2010, Az.: 20 W 78/08

 

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