Gewillkürte Verfahrensstandschaft des früheren Grundstückseigentümers
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(ip/RVR) Das OLG München hat beschlossen, dass auch nach der Zuordnung des Aufgebotsverfahrens zur Freiwilligen Gerichtsbarkeit der frühere Grundstückseigentümer in gewillkürter Verfahrensstandschaft das Aufgebotsverfahren betreiben kann, so ihm der Gläubiger eine Löschungsbewilligung erteilt hat.
Der Beschwerdeführer verkaufte sein Grundstück unter der Verpflichtung der lastenfreien Eigentumsübertragung. Im Kaufvertrag bewilligten und beantragten die Parteien weiter die Löschung zweier Briefgrundschulden, wobei die eine für eine Sparkasse, die andere für den Beschwerdeführer selbst bestand. Er beantragte den Erlass eines Aufgebots zur Kraftloserklärung beider Grundschuldbriefe sowie eines Ausschließungsbeschlusses nach § 439 FamFG. Die Grundschuldbriefe seien nicht mehr auffindbar und von ihm weder abgetreten noch gepfändet noch verpfändet worden. Außerdem legte er eine Abschrift der Löschungsbewilligung der Gläubigerin vor.
Sodann wurde der Käufer als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen. Zwei Tage später wurde das Aufgebot erlassen und dessen Veröffentlichung bewirkt. Ein halbes Jahr später wurde der Grundschuldbrief bezüglich der Grundschuld des Beschwerdeführers für kraftlos erklärt. Der Antrag auf Kraftloserklärung des Grundschuldbriefs bezüglich der Grundschuld der Sparkasse wurde zurückgewiesen. Der Beschwerdeführer sei nicht antragsberechtigt, da nur der Gläubiger des Rechts nach § 467 FamFG i.V.m. §§ 1162, 1192 BGB das Recht aus der Urkunde geltend machen könne. Eine gewillkürte Verfahrensstandschaft sei trotz der Löschungsbewilligung der Sparkasse nach Eingliederung des Aufgebotsverfahrens in die Freiwillige Gerichtsbarkeit nicht mehr möglich.
Hiergegen ging der Beschwerdeführer mit der Beschwerde nach §§ 58 ff. FamFG erfolgreich vor. Der Beschwerdeführer sei zwar nicht selbst antragsberechtigt, dies sei nur der Grundbuchgläubiger, hier also die Sparkasse. Unstrittig sei, wie auch das Amtsgericht meinte, eine gewillkürte Prozessstandschaft nach Erteilung einer Löschungsbewilligung durch den Grundpfandgläubiger möglich gewesen, solange das Aufgebotsverfahren in der ZPO geregelt war (9. Buch; aufgehoben). Im Gegensatz zum Amtsgericht meinte der erkennende Senat, hieran hätte sich durch die Verlagerung ins FamFG nichts geändert: „Da sich die Antragsberechtigung nach dem materiellen Recht richtet, lässt sich die Befugnis, im eigenen Namen ein fremdes Recht geltend zu machen, mit § 185 BGB erklären. In der Überlassung der Löschungsbewilligung durch den Grundschuld-gläubiger liegt das Einverständnis, mit der Grundschuld nach Belieben zu verfahren, auch, falls erforderlich, das Aufgebotsverfahren zu betreiben“ (Rz. 20 der Entscheidung).
Dieses Institut werde nicht nur von der ZPO gebilligt und sei auch bei echten Streitsachen nach dem FamFG anerkannt und müsse daher auch im Aufgebotsverfahren möglich sein. Es seien nicht höchstpersönliche, sondern grundsätzlich übertragbare Rechte betroffen. Auch wenn der Antragsteller keinen Gegner habe, so ginge es doch um die Schaffung von Rechtssicherheit über das Bestehen eines Rechts. Entscheidend sei dabei, wer an der Kraftloserklärung ein tatsächliches Interesse habe. Grundsätzlich sei dies zwar der Gläubiger. Hier habe der Gläubiger aber kein Interesse am Fortbestehen des Grundpfandrechts. „Die von ihm bewilligte Löschung kann, wenn der Brief in Verlust gerät, nur nach Durchführung eines Aufgebotsverfahrens erfolgen. Hieran hat wiederum nur der Grundstückseigentümer ein Interesse“ (Rz. 21 der Entscheidung). Durch die zwischenzeitliche Übertragung des Grundstücks sei dieses Interesse in Ansehung der vertraglichen Pflichten des Beschwerdeführers auch nicht entfallen.
OLG München vom 05.11.2010, Az. 34 Wx 117/10
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