(IP/CP) In Sachen Falschbegutachtung vor Inkrafttreten des Schuldrechtmodernisierungsgesetzes und Haftungsansprüchen gegenüber einem gerichtlichen Sachverständigen hatte das Oberlandesgericht (OLG) Hamm aktuell zu entscheiden. Ein Gutachter hatte eine Operation im Jahr 1995 für vertretbar und sogar für angebracht erachtet. Der Gutachter hatte mit seiner Beurteilung in Widerspruch zur herrschenden, unter anderem in Patienteninformationsblättern abgedruckten Auffassung gelegen und sie später zudem teilweise zurückgenommen.

Die gegnerische Partei klagte darauf infolge eines ungünstigen Verlaufs der bewussten Operation wegen vermeintlicher Bedenkenlosigkeit auf Schadenersatz. Dem widersprach das OLG. Nach seiner Meinung ändere der Meinungswechsel des Gutachters nichts an seiner Redlichkeit. Für eine Falschbegutachtung zu diesem Zeitpunkt erfolge Haftung nur unter den Voraussetzungen des § 826 BGB. Das erfordere zudem ein äußerst gewissenloses Fehlverhalten.

Die Vorinstanz habe in diesem Zusammenhang richtig bemerkt, so die Richter, dass ein derartiges Verhalten eines Gutachters geradezu typisch sei. „Die kontroverse Diskussion gehört zum Wesen wissenschaftlich ausgerichteter Betätigung, und die Relativierung oder Korrektur der eigenen Auffassung, die die Antragstellerin dem Antragsgegner wegen eines nachträglichen Einlenkens vorhält, ist kein Beleg für eine von vornherein vorhandene Unredlichkeit“.

Hinsichtlich Haftungsansprüchen formulierten die Richter des OLG abschließend: „Um sie bejahen zu können, hätte erkennbar werden müssen, dass der Antragsgegner in bedenken- und gewissenloser Weise eine falsche Begutachtung zum Nachteil der Antragstellerin abgegeben und deren Schädigung zumindest billigend in Kauf genommen hätte“.

OLG Koblenz, AZ.: 5 W 420/12


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