(ip/RVR) Der XI. Senat des BGH hatte über die Wirksamkeit einer in Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge enthaltenen Klausel zu entscheiden, welche lautet: 'Mit Abschluss des Bausparvertrages wird eine Abschlussgebühr von 1% der Bausparsumme fällig. Eingehende Zahlungen werden zunächst auf die Abschlussgebühr angerechnet. Die Abschlussgebühr wird nicht - auch nicht anteilig - zurückbezahlt oder herabgesetzt, wenn der Bausparvertrag gekündigt, die Bausparsumme ermäßigt oder das Bauspardarlehen nicht voll in Anspruch genommen wird.'

Der Senat stellte zunächst fest, dass es sich bei der beanstandeten Klausel um eine vorformulierte Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs.1 BGB) handelt; die spezielle Kontrolle von ABB gemäß dem Bausparkassengesetz, die durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erfolgt, entzieht AGB nicht der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB.

Die streitbefangene Klausel informiert i.S.d. Transparenzgebots des § 307 Abs.1 Satz 2 BGB hinreichend deutlich über die Rechte und Pflichten des Kunden. Die kundenbelastenden Folgen der Entgeltregelung sind nicht verschleiert. Weitergehende Informationen können nicht verlangt werden, insbesondere ist eine Bausparkasse nicht aus Gründen der Transparenz nicht verpflichtet, offen zu legen, dass sie mit der Abschlussgebühr intern die Kosten des Vertriebs deckt. Die Regelung ist auch nicht deshalb intransparent, weil die Aufspaltung des Gesamtentgelts in eine Abschlussgebühr und Darlehenszinsen die Vergleichbarkeit mit anderen Spar- und Finanzierungsmodellen verhindert, da die Vorschrift des § 307 Abs.1 Satz 2 BGB nicht bezweckt, eine höhere Markttransparenz im Sinne der besseren wirtschaftlichen Vergleichbarkeit zu anderen Finanzierungsmodellen herzustellen.

Bei der angegriffenen Klausel handelte es sich nicht um eine Preisabrede, die nach § 307 Abs.3 Satz 1 BGB der weiteren Inhaltskontrolle entzogen wäre; solche (kontrollfreien) Preisabreden liegen nach der Rechtsprechung des BGH in Klauseln, die unmittelbar den Preis der vertraglichen Hauptleistung regeln oder das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung bestimmen. Ist Gegenstand der Regelung jedoch nicht das Entgelt für eine Leistung, die dem Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbracht wird, sondern wälzt der Verwender durch die Bestimmung allgemeine Betriebskosten, Aufwand zur Erfüllung eigener Pflichten oder für Tätigkeiten, die im eigenen Interesse liegen, auf den Kunden ab, so unterliegt die Regelung der Kontrolle nach §§ 307-309 BGB.

Ob die sog. Abschlussgebühr Teil des Gefüges aus Leistungen und Gegenleistungen des Bausparvertrages ist war hier zweifelhaft; die Auslegung der Regelung zur Abschlussgebühr führte zu keinem eindeutigen Ergebnis. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts deckt die Beklagte mit der Abschlussgebühr die Kosten der Außendienstmitarbeiter, die mit der Kundenwerbung anfallen; dies stellt keine Gegenleistung der Beklagten dar, welche sie auf rechtsgeschäftlicher Grundlage an den einzelnen beitretenden Bausparer zu erbringen hätte. Unter Anwendung des § 305c Abs.2 BGB (Zweifel bei der Auslegung von AGB gehen zu Lasten des Verwenders) war deshalb zugunsten der Bausparkunden davon auszugehen, dass mit der Abschlussgebühr keine vertraglich geschuldete Gegenleistung abgegolten wird, sodass die streitgegenständliche Regelung einer Inhaltskontrolle unterworfen ist.

Die Klausel hält einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs.1 Satz 1 BGB allerdings stand; in die materiellen Wertungen im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB fließen die Besonderheiten, die sich aus der Rechtsnatur des Bausparvertrages und den Vorschriften des Bausparkassengesetzes ergeben, mit ein.

Die Umlegung der Vertriebskosten weicht nicht entgegen § 307 Abs.2 Nr.1 BGB von wesentlichen Grundprinzipien des dispositiven Rechts ab. Nach der Rechtsprechung des BGH sind Entgelte in AGB, denen keine vertragliche Gegenleistung des Verwenders zugrunde liegt, dann mit wesentlichen Grundgedanken des dispositiven Rechts unvereinbar, wenn der Verwender damit Aufwand für Tätigkeiten auf den Kunden abwälzt, zu denen er gesetzlich oder aufgrund einer vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet ist oder die er vorwiegend in eigenem Interesse vornimmt, ohne dabei eine Dienstleistung an den Kunden zu erbringen. Bei der angegriffenen Klausel handelt es sich - ausgehend davon, dass die Abschlussgebühr eine Vertriebsgebühr ist - nicht um eine solche - regelmäßig - unzulässige Entgeltregelung.

Zum einen sind die Bausparkassen gegenüber ihren Kunden nicht rechtlich verpflichtet, andere Neukunden anzuwerben, ohne dafür eine besondere Vergütung verlangen zu können. Vernachlässigt die Bausparkasse das Neukundengeschäft und verlängern sich die Wartezeiten bis zur Zuteilung unangemessen, so kann dies vielmehr Anlass für ein aufsichtsbehördliches Einschreiten nach § 8 Abs.1 Nr.1, Abs.2 BSpkG sein.

Zum anderen verfolgt die Beklagte mit der Neukundenwerbung nicht allein ihr eigenes Gewinnerzielungsinteresse, da beim Bausparen ein stetiges Neukundengeschäft nicht nur dem Unternehmer, sondern unmittelbar auch der Bauspargemeinschaft zugute kommt, so dass die Bausparkassen mit dieser durch die Abschlussgebühr vergüteten Tätigkeit auch kollektive Gesamtinteressen wahrnehmen. Dies ergibt sich daraus, dass die Zuteilung der zinsgünstigen Bauspardarlehen nur aus den Mitteln erfolgen kann, die durch die Einlage-, Zins- und Tilgungsleistungen anderer Bausparer erwirtschaftet werden. Der Bausparer verzichtet in diesem geschlossenen System zunächst auf einen marktüblichen Einlagezins, um später nach Zuteilung der Bausparsumme von einem günstigen - marktunabhängigen - Darlehenszins zu profitieren. Aus der Begrenzung der Zuteilungsmittel ergibt sich jedoch auch das dem Bauspargeschäft innewohnende strukturelle Risiko. Eine (zeitnahe) Zuteilung kann nur erfolgen, wenn dem Bausparkollektiv fortlaufend neue Mittel zugeführt werden, indem neue Kunden Einlageleistungen übernehmen. Die mit jedem Bausparvertrag bezweckte Zuteilung der Bausparsumme ist dadurch unmittelbar mit der Entwicklung der zur Verfügung stehenden Zuteilungsmittel verknüpft, so dass es dem gesetzlichen Leitbild des Bausparens nicht widerspricht, wenn die Kosten, die für die Anwerbung neuer Kunden anfallen, von den neu in die Gemeinschaft eintretenden Bausparern zu tragen sind.

Auch eine unangemessene Benachteiligung der Bausparkunden i.S.d. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist hier nicht anzunehmen. Dies würde voraussetzen, dass der Verwender der AGB durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf dessen Kosten durchzusetzen versuchte, ohne die Belange seines Vertragspartners hinreichend zu berücksichtigen. Die Beklagte benachteiligt ihre Kunden durch die laufzeitunabhängige Umlegung der Vertriebskosten nicht unangemessen. Die Gewinnung neuer Kunden liegt zweifellos auch im Interesse der Bauspargemeinschaft. Ein Interessengegensatz zwischen 'Bestandskunden' und 'Neukunden' besteht nicht. Auch die Neukunden beteiligen sich mit Abschluss des Bausparvertrages an der Gemeinschaft der Bausparer und unterwerfen sich damit bereits in diesem Zeitpunkt der gemeinschaftlichen Bindung, um von den Vorteilen des kollektiven Zwecksparens zu profitieren. Dem kollektiven Systemzweck des Bausparens entspricht eine Regelung, die die Kosten der Akquisition neuer Kunden durch eine gesonderte Gebühr beim Vertragsschluss deckt. Zum einen ist so gewährleistet, dass das notwendige stetige Neukundengeschäft von der aktuellen Ertragslage der Bausparkassen unabhängig finanziert werden kann, und macht es für diese unattraktiv, ihre Vertriebstätigkeit einzuschränken, um zu Lasten der Bausparer kurzfristig eigene Gewinne zu optimieren. Zum anderen stellt die bei Vertragsabschluss zu zahlende laufzeitunabhängige Abschlussgebühr sicher, dass der für das Bausparmodell notwendige Neuzugang an Bausparverträgen auch von allen Mitgliedern der Gemeinschaft nach Maßgabe der von ihnen bei Abschluss des Bausparvertrages festgelegten Bausparsumme, nach der sich die Höhe des günstigen Bauspardarlehens richtet, gleichmäßig getragen wird.

BGH vom 07.12.2010, Az. XI ZR 3/10


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