Keine Umweltverträglichkeitsprüfung
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(ip/pp) Wie weit bei einer Erdmassen- und Bauschuttdeponie der Nachbargemeindeschutz trägt, war Gegenstand einer aktuellen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Saarlouis. Die Klägerin dort wandte sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Genehmigung zur Errichtung und dem Betrieb einer Erdmassen- und Bauschuttdeponie sowie die Erlaubnis, Sickerwasser aus dem Bereich der Deponie in ein Gewässer III. Ordnung einzuleiten.??Die Beigeladene betrieb einen Sand- und Kiesabbau, der erstmals 1971 genehmigt worden war. Zeitlich nachfolgend wurden weitere Erweiterungen und Änderungen des Abbaus von Kies und Sand genehmigt. Der Bauschein enthielt ferner die Auflage, dass eine Rekultivierung auf die Höhe des ursprünglichen Geländes herzustellen sei. Die Beigeladene beantragte ferner die Genehmigung zur Errichtung und dem Betrieb einer Erdmassen- und Bauschuttdeponie in der betreffenden Gemarkung. Die beantragte Genehmigung zur Errichtung und dem Betrieb einer Erdmassen- und Bauschuttdeponie wurde auch erteilt. Außerdem wurde der Beigeladenen die widerrufliche Befugnis erteilt, dort Sickerwasser aus dem Bereich der Deponie in ein Gewässer III. Ordnung einzuleiten. Der Bescheid enthielt aber umfangreiche Auflagen, u.a. zur Deponieabdichtung, zum Sickerwasser, zu Grundwasserständen und -beschaffenheit, zur Art der zugelassenen Abfälle und zum Grundwasserschutz. Außerdem sah die Genehmigung nach Abschluss der Ablagerungen von Erdmassen und Bauschutt eine Rekultivierung des Geländes vor.
Die Klägerin wandte sich zeitlich viel später an den Beklagten und führte aus, sie habe erst jetzt Kenntnis von dem Genehmigungsverfahren zur Verfüllung der Sandgrube bekommen. Sie rügte, sie sei an dem Genehmigungsverfahren nicht beteiligt worden. Außerdem sei die Erschließung der Sandgrube nicht gesichert und das Einvernehmen werde deshalb nicht hergestellt. Auch sei die Deponie nur über eine Privatstraße der Gemeinde erreichbar. Es sei die Pflicht des Beklagten gewesen, das Einvernehmen der Gemeinde einzuholen. Gegen das Unterlassen werde sie rechtlich vorgehen – und klagte.
Das Verwaltungsgericht Saarlouis entschied:
“1. Die Klage einer Gemeinde gegen eine auf dem Gebiet der Nachbargemeinde angesiedelte Erdmassen- und Bauschuttdeponie kann wegen Verwirkung unzulässig sein, wenn sie den Betrieb der Deponie hätte erkennen müssen und gleichwohl erst mehr als vier Jahre nach der Genehmigungserteilung Rechtsmittel erhebt. Sie kann ihre Abwehrrechte auch dann verwirken, wenn sie nach der Kenntnis von der Genehmigung mehr als sechs Monate abwartet, bevor sie rechtliche Schritte einleitet.
2. Die Gemeinde kann sich grundsätzlich nicht darauf berufen, ihr Einvernehmen nach § 36 Abs. 1 Satz 2 BauGB hätte für die auf dem Gebiet der Nachbargemeinde liegende Deponie eingeholt werden müssen.
3. Eine Gemeinde kann sich im Verfahren gegen eine abfallrechtliche Genehmigung für eine Erdmassen- und Bauschuttdeponie nicht auf eine fehlende Erschließung der Deponie berufen, wenn die Zufahrt über ein auf dem Gebiet der Gemeinde liegende, dem öffentlichen Verkehr gewidmete Gemeindestraße führt, die nach ihrem Ausbauzustand offensichtlich für die Befahrung durch Schwerlastverkehr geeignet ist.
4. Die Gefahr einer Verschmutzung einer auf dem Gebiet der klagenden Gemeinde liegenden Quelle durch den Betrieb einer Erdmassen- und Bauschuttdeponie ist dann zu verneinen, wenn die Deponie gemäß der TA Siedlungsabfall zum Grundwasser hin abgedichtet ist und außerdem die Grundwasserströme unter der Deponie von der Gemeinde weg verlaufen.
5. Eine Gemeinde kann sich bei einem vor dem 25. Juni 2005 eingeleiteten Genehmigungsverfahren nicht darauf berufen, es sei eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden.”
VG Saarlouis, Az.: 5 K 10/08