(ip/RVR) Mit Vertrag aus dem Jahre '99 mieteten die Beklagten eine Wohnung des Klägers an. Das Mietverhältnis sollte zum 31. Juli 2004 enden. In dem Mietvertrag ist unter dem Titel 'Verträge mit Verlängerungsklausel' folgende formularmäßig vorgedruckte Klausel enthalten: >Wird das Mietverhältnis nicht auf den als Endtermin vorgesehenen Tag unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist gekündigt, so verlängert es sich jedes Mal um 5 Jahre.<
Die Beklagten erklärten mit Schreiben vom 22. Januar '08 die Kündigung des Mietverhältnisses zum 30. April '08 und räumten die Wohnung zum 1. Mai '08. Die Parteien streiten über die Berechtigung der Beklagten zum Ausspruch einer ordentlichen Kündigung zu diesem Termin. Der Kläger, der die Wohnung ab 1. Oktober '08 neu vermietet hat, hat die Beklagten auf Zahlung der Miete für den Zeitraum von Mai bis inklusive September '08 zzgl. Nebenkosten in Anspruch genommen. Die Beklagten haben im Wege der Widerklage Auszahlung der von ihnen geleisteten Mietkaution verlangt. Das Amtsgericht hatte der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen und der Widerklage unter Zurückweisung im Übrigen stattgegeben. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers, der die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt. Die Revision hat Erfolg.

Dem Kläger steht nach § 535 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Mietzins für den Zeitraum von Mai 2008 bis einschließlich September 2008 sowie auf Ausgleich abgerechneter Nebenkosten zu. Denn die von den Parteien vereinbarte befristete Verlängerung des Mietverhältnisses und der damit verbundene Ausschluss der Vertragsbeendigung durch ordentliche Kündigung (§ 564 Abs. 1 BGB aF) sind wirksam. Die Beklagten konnten das Mietverhältnis deshalb nicht zum 30. April 2008 kündigen, und sie können die mit der Widerklage geltend gemachte Rückzahlung der geleisteten Kaution nicht beanspruchen, da diese Forderung infolge der vom Kläger erklärten Aufrechnung erloschen ist (§ 389 BGB).

Das bis zum Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes (1. September 2001) geltende Wohnraummietrecht eröffnete Mietvertragsparteien in § 565a Abs. 1 BGB aF die Möglichkeit, einen zeitlich befristeten Mietvertrag abzuschließen und eine Verlängerung des Mietverhältnisses bei unterbleibender Kündigung vorzusehen. Dass das seit 1. September 2001 geltende neue Mietrecht keine entsprechende Regelung mehr vorsieht, berührt den Bestand befristeter Mietverträge mit Verlängerungsklauseln nicht, sofern sie vor dem Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes wirksam abgeschlossen worden sind (vgl. Art. 229 § 3 Abs. 3 EGBGB).

Die von den Parteien auf der Grundlage des § 565a Abs. 1 BGB aF gewählte Konstruktion eines Mietverhältnisses, das auf bestimmte Zeit eingegangen wurde und sich mangels Kündigung um jeweils fünf Jahre verlängert, ist wirksam. Die Verlängerungsklausel - welche als AGB zu bewerten ist - ist nicht gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB (früher § 9 AGBG) unwirksam. Die formularmäßig vereinbarte wiederkehrende Verlängerung eines befristeten Mietverhältnisses um jeweils fünf Jahre ist weder nach § 307 Abs.2 Nr.1 BGB unwirksam, weil sie nicht mit dem Grundgedanken des § 565Abs.2 BGB aF in Einklang zu bringen wäre, noch ist die Beklagte durch sie i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB unangemessen benachteiligt. Die Verlängerungsklausel hält insbesondere auch der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand.

Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist eine formularmäßige Vertragsbestimmung unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vorneherein dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen. Das ist hier nicht der Fall.

Die Erwägungen des Senats zur Wirksamkeit eines formularmäßig vereinbarten, befristeten Kündigungsverzicht beider Mietvertragsparteien im Rahmen eines - nach neuem Recht abgeschlossenen - unbefristeten Mietvertrags lassen sich nicht auf die hier zu beurteilende Konstellation übertragen. Der Senat hatte einen unter der Geltung des neuen Mietrechts formularmäßig vereinbarten beiderseitigen Kündigungsverzicht auf die Höchstdauer von vier Jahren begrenzt, veranlasst durch die vom Gesetzgeber mit der Mietrechtsreform verfolgten Zielsetzung, der in der heutigen modernen Gesellschaft zunehmend verlangten Mobilität und Flexibilität und damit dem Interesse des Mieters an einer kurzfristigen Aufgabe der Wohnung, insbesondere beim Wechsel des Arbeitsplatzes durch Verkürzung der Kündigungsfristen Rechnung zu tragen. Diese Erwägungen lassen sich deshalb nicht auf die hier zu beurteilende Konstellation übertragen, weil nach früherer Rechtslage derartigen Interessen eine geringere Bedeutung zukam. Dieser unterschiedliche Gewichtung muss Beachtung geschenkt werden bei der Frage, ab welcher Dauer sich die Einengung der Dispositionsfreiheit des Mieters, die mit einem befristeten, sich mangels Kündigung periodisch verlängernden Mietvertrag verbunden ist, für diesen als untragbar erweist.

Weiters ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber vor der Mietrechtsreform in weitaus größerem Maße das praktische Bedürfnis für den Abschluss befristeter Mietverträge (Zeitmietverträge) anerkannte: 'Einem Mieter ist daran gelegen, während der Vertragslaufzeit keiner ordentlichen Kündigung ausgesetzt zu werden, während ein Vermieter Planungssicherheit erstrebt.' Nach dem bis zum Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes geltenden Recht konnte diesem Anliegen auf mehr unterschiedliche Weise Rechnung getragen werden. In der Bandbreite der vom Gesetzgeber unter der Geltung des früheren Mietrechts vorgesehenen Befristungen von Mietverhältnissen wurden auch längerfristige Vertragsbindungen im Interesse beider Seiten für angemessen erachtet. Auch diese Wertung muss in die Beurteilung der Frage einfließen, ab welcher Dauer die Bindung des Mieters an einen befristeten Mietvertrag mit wiederkehrender Verlängerung als unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zu gelten hat. Angesichts der bei befristeten Mietverträgen nach altem Recht geltenden Wertungen des Gesetzgebers verbietet sich ein Rückgriff auf die in § 10 Abs. 2 MHG bei Staffelmietverträgen für einen Kündigungsverzicht gezogene zeitliche Grenze von vier Jahren.

In Anbetracht der aufgezeigten, dem früheren Recht anhaftenden Besonderheiten stellt die zwischen den Parteien in dem befristeten Mietvertrag vom 1. Juli 1999 formularmäßig vereinbarte Verlängerungsklausel, nach der sich die Vertragslaufzeit jeweils um fünf Jahre verlängert, wenn das Mietverhältnis nicht unter Einhaltung der - jeweils geltenden - gesetzlichen Kündigungsfristen gekündigt wird, keine unangemessene Benachteiligung der Beklagten dar. Dieser wurde hierdurch die Möglichkeit eröffnet, jeweils für eine Zeitspanne von fünf Jahren eine ordentliche Kündigung des Klägers zu vermeiden und so sicherzustellen, dass sie nicht ungewollt aus ihrer gewohnten Umgebung herausgerissen werden. Einem möglichen Mobilitätsinteresse des Mieters kommt nach früherem Recht - wie aufgezeigt - nicht die gleiche Bedeutung wie nach derzeit geltendem Recht zu. Eine Vertragsbindung von jeweils fünf Jahren führt auch nicht zu einer unzumutbaren finanziellen Belastung der Beklagten, denn die mit einer vorzeitigen Wohnungsaufgabe verbundenen finanziellen Folgen können im Regelfall durch die Stellung eines Nachmieters oder - wie hier - durch eine vom Vermieter vorgenommene Neuvermietung abgemildert werden.

Da die Vertragslaufzeit mangels rechtzeitiger Kündigung zum 31. Juli 2004 wirksam um fünf Jahre verlängert worden ist, hat die von den Beklagten ausgesprochene Kündigung das Mietverhältnis nicht zum 30. April 2008 beendet. Die Beklagten sind daher zur Mietzahlung für die Monate Mai 2008 bis September 2008 sowie der unstreitigen Nebenkostenforderung abzüglich der von ihnen geleisteten Kaution verpflichtet.

BGH vom 23.06.2010, Az. VIII ZR 230/09


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