Nicht stets verpflichtet
Lesezeit: 3 Minuten
(ip/pp) Hinsichtlich des Zeitpunktes des Beginns der Verpflichtung zur Wohngeldzahlung hatte das Oberlandesgericht (OLG) Dresden aktuell zu entscheiden. Die Antragstellerin und Verwalterin einer Wohnungseigentumsanlage (41 Wohnungen und eine Gewerbeeinheit) machte kraft entsprechender Ermächtigung der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen die beiden Eheleute und Antragsgegner Ansprüche auf restliche bzw. ganz ausstehende Wohngelder für mehrere Jahre geltend.
Die Antragsgegner hatten von einer Bauträger GmbH mit „Wohnungseigentumskaufvertrag mit Sanierungsverpflichtung“ das zu bildende Teileigentum an der knapp 70 m² großen Gewerbeeinheit samt Sondernutzungsrechten für einen Pkw-Stellplatz und eine 20 m² große Außenterrasse für insgesamt ca. 180.000,- Euro gekauft. Zu ihren Gunsten wurde eine Auflassungsvormerkung ins Teileigentumsgrundbuch eingetragen. Den Kaufpreis zahlten sie mit Kreditmitteln, die Auflassung und Umschreibung im Grundbuch sind bis heute nicht erfolgt. Vielmehr nahm der Antragsgegner die Verkäuferin auf Rückabwicklung und Schadensersatz in Anspruch. Seine unter anderem aufgestellte Behauptung, der Kaufpreis sei krass überhöht, stützte er auf ein vorab eingeholtes Gutachten; darin hatte ein Sachverständiger den Ertrags- und Verkehrswert mit ca. 92.100,- Euro und den Sachwert mit sogar nur 46.800,- Euro ermittelt. Der im Verlaufe des Rechtsstreits beauftragte Gerichtssachverständige veranschlagte in seinem Gutachten vom 22.07.2005 den Verkehrswert des Teileigentums zum Stichtag des Kaufs auf 74.000,- Euro. Das Landgericht Würzburg ging deshalb in seiner Terminierungsverfügung vorläufig von einer Sittenwidrigkeit des Kaufvertrages aus. Noch vor dem anberaumten Verhandlungstermin wurde über das Vermögen der verklagten Verkäuferin das Insolvenzverfahren eröffnet. Seither ist der dortige Rechtsstreit unterbrochen.
In vorliegender Sache hatte das Amtsgericht die Antragsgegner als Gesamtschuldner verpflichtet, an die Antragstellerin als rückständiges Wohngeld ca. 9.100,- Euro nebst Zinsen zu zahlen. Die dagegen gerichtete zulässige sofortige Beschwerde der Antragsgegner hatte das Landgericht zurückgewiesen. Mit der form- und fristgerecht eingelegten sofortigen weiteren Beschwerde verfolgen die Antragsgegner ihr Begehren auf vollständige Abweisung des Antrags weiter. Die Antragstellerin beantragte die Zurückweisung des Rechtsmittels und, im Wege der innerhalb der gesetzten Erwiderungsfrist eingelegten Anschlussbeschwerde, die Abänderung der Beschwerdeentscheidung im Kostenpunkt dahin, dass die Antragsgegner zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin verpflichtet werden. Während des Rechtsbeschwerdeverfahrens hatten die Antragsgegner ausdrücklich versichert, dass sie „nach wie vor von sich aus nicht beabsichtigen, als Eigentümer der gegenständlichen Immobilie eingetragen zu werden.“
Das OLG entschied: „1. Der Erstkäufer einer vom Bauträger errichteten Eigentumswohnung ist der werdenden und später rechtlich entstandenen Wohnungseigentümergemeinschaft, sobald er die Wohnung nutzt und eine Auflassungsvormerkung für ihn eingetragen ist, nicht stets zu Wohngeldzahlungen verpflichtet. Zusätzliche Voraussetzung einer Haftung entsprechend § 16 Abs. 2 WEG ist vielmehr die Wirksamkeit des Kaufvertrages, der den Übereignungsanspruch begründet.
2. Ist der Kaufvertrag wegen krass überhöhten Kaufpreises sittenwidrig, kommt eine Wohngeldhaftung des Erstkäufers allenfalls ganz ausnahmsweise nach Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt widersprüchlichen Verhaltens in Betracht.“
OLG Dresden, Az.: 3 W 876/09