(ip/RVR) Der V. Zivilsenat des BGH hatte zu entscheiden, ob das Fehlen der Sicherheit der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung (nachfolgend: Wasserversorgung) eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks einen Sachmangel dieses Grundstücks darstellt, sodass eine Haftung des Beklagten nach § 463 S.2 BGB a.F. in Betracht käme.

Der Beklagte war ursprünglich Eigentümer zweier benachbarter Grundstücke im Hochschwarzwald. Mit Veräußerung des einen im Jahr 1980 an einen Landesverband des Jugendherbergswerks ließ der Beklagte sich das Recht einräumen, Wasser und Abwasser über die auf diesem Grundstück befindlichen privaten Leitungen für das ihm verbleibende andere Grundstück zu beziehen bzw. zu entsorgen; bei der Veräußerung dieses anderen Grundstücks sollte das Recht erlöschen.

Die Kläger kauften das Grundstück von dem Beklagten im Jahre 1999. Das Grundstück liegt im Außenbereich und ist mit einem in den 30er Jahren errichteten Wohnhaus bebaut.

Im Jahr 2000 wurden die Kläger von dem Jugendherbergswerk, das sich zwischenzeitlich mittels einer Privatleitung an die Trinkwasserversorgung einer mehrere Kilometer entfernten Stadt angeschlossen hatte, aufgefordert, sich um eine Eigenwasserversorgung zu kümmern.

Ein 2002 geschlossener Vertrag, mit dem das Jugendherbergswerk den Klägern die Nutzung ihrer Leitungen und Anlagen zunächst gestattete, wurde von diesem Ende 2008 gekündigt. Die zuständige Gemeinde lehnte einen Anschluss des Grundstücks der Kläger an das öffentliche Leitungsnetz ab. Gestützt auf die Behauptung, sie hätten erstmals nach Abschluss des Kaufvertrages erfahren, dass das Grundstück über keine eigene Wasserversorgung verfüge, verlangen die Kläger Schadensersatz.

Das Berufungsgericht meinte, eine Haftung des Beklagten nach § 463 S.2 BGB a.F. scheide aus, da die fehlende Sicherheit der Wasserversorgung keinen Sachmangel des verkauften Grundstücks darstelle. Ein gesicherter Wasser- und Abwasseranschluss sei bei einem Wohnhaus zwar regelmäßig Teil der Sollbeschaffenheit - anders verhalte sich dies jedoch bei Hausgrundstücken im Außenbereich. Der Erwerber könne hier bzgl. der Wasserversorgung berechtigt nur das Vorhandensein irgendeiner Versorgungsanlage (e.g. auch private Anlage oder Brunnen) erwarten. Eine solche Versorgungslage habe es hier gegeben, denn das Grundstück der Kläger sei im Zeitpunkt der Übergabe des Grundstücks und auch später - ungeachtet aller Drohungen, die Versorgung jederzeit einzustellen - mit Wasser versorgt worden. Dass die Kläger mit einer dauerhaft gesicherten Versorgung rechnen durften, sei nicht erkennbar.

Der V. Senat wandte sich gegen diese Auffassung und führte hierzu aus: Ein Fehler im Sinne von § 459 Abs.1 BGB a.F. liegt vor, wenn der Zustand der Kaufsache von dem Zustand abweicht, den die Parteien bei Abschluss des Kaufvertrages gemeinsam, auch stillschweigend, vorausgesetzt haben, und diese Abweichung den Wert der Kaufsache oder ihre Eignung zum vertraglich vorausgesetzten oder gewöhnlichen Gebrauch herabsetzt oder beseitigt. Der Fehler kann außer in Eigenschaften der Sache selbst auch in tatsächlichen, rechtlichen, sozialen und wirtschaftlichen Beziehungen zur Umwelt liegen, die nach der Verkehrsauffassung Wert und Brauchbarkeit der Kaufsache unmittelbar beeinflussen. Gehört ein Wasseranschluss zur vereinbarten Sollbeschaffenheit eines Grundstücks, kann ein Fehler im Sinne des § 459 Abs.1 BGB a.F. auch darin bestehen, dass der an eine benachbarte Versorgungsanlage vorgesehene Anschluss aus Rechtsgründen nicht durchsetzbar ist.

Das Grundstück wurde von den Klägern zu Wohnzwecken und mithin erkennbar in der Erwartung gekauft, dass die Wasserversorgung des darauf befindlichen Gebäudes gesichert war. Diese Erwartung war auch deshalb berechtigt, weil das Gebäude nach seinem äußeren Erscheinungsbild seit Jahrzehnten als Wohnhaus genutzt worden war und der Beklagte zuletzt selbst darin gewohnt hatte. Angesichts der abgelegenen Lage des Grundstücks konnten die Kläger zwar nicht damit rechnen, dass das Grundstück an das öffentliche Wasser- und Abwassersystem angeschlossen war. Solange sie von dem Beklagten keine abweichenden Informationen erhielten, durften sie aber annehmen, dass die bestehende Wasserversorgung in der Weise gesichert war, dass sie nicht ohne weiteres von Dritten unterbrochen werden konnte. Soweit die Versorgung die Mitbenutzung von Anlagen des Nachbarn erforderte, entsprach es mithin der Sollbeschaffenheit des Grundstücks, dass der jeweilige Eigentümer berechtigt ist, diese Anlagen zu nutzen.

Die Zustimmung eines Grundstücksnachbarn zur Mitbenutzung seiner Wasserversorgungsanlage gehört im Allgemeinen zwar nicht zur Beschaffenheit eines Grundstücks. Setzt die Sollbeschaffenheit aber einen Wasser- und Abwasseranschluss voraus und besteht diese nach Vorstellung der Parteien aufgrund der Möglichkeit, sich an die Anlage des Nachbarn anzuschließen, ist das Grundstück bei Verweigerung der Zustimmung zu dem Anschluss infolge der fehlenden Wasserversorgung mangelhaft.
Entsprechendes gilt, wenn die Parteien - wovon hier auszugehen war - stillschweigend von einer irgendwie, ggf. also auch über den Anschluss an eine Anlage des Nachbarn, bestehenden Wasserversorgung des Grundstücks ausgehen.

Ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück, dessen Wasserversorgung und Abwasserentsorgung davon abhängt, dass ein Nachbar die Mitnutzung seiner Leitungen auf freiwilliger Basis (weiterhin) gestattet, ist mit einem Fehler behaftet.

BGH vom 08.04.2011, Az. V ZR 185/10


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