Schadensersatz bei falschen Flächenangaben?
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(ip/RVR) Das Landgericht Hamburg hatte kürzlich über Sorgfaltspflichten des Immobilienmaklers bei Übernahme von Informationen des Verkäufers in das Maklerexposé und über Gewährleistungsansprüche des Grundstückkäufers gegen den Verkäufer wegen einer Minderfläche zu entscheiden.
Der Kläger nimmt die Beklagten auf Zahlung einer Maklercourtage in Anspruch. Die Beklagten verlangen vom Drittwiderbeklagten Schadensersatz aus dem vermittelten Kaufvertrag.
Der Kläger ist Makler und vermittelte der Beklagten zu 3), deren Gesellschafter die Beklagten zu 1) und 2) sind, den Vertrag vom 06.05.2009. Der Drittwiderbeklagte verkaufte damit der Beklagten zu 3) das in Hamburg gelegene Grundstück mit einem Mehrfamilienhaus zum Preis von 325.000,- Euro. Gewährleistungsansprüche wurden ausgeschlossen.
Im Exposé des Klägers, mit dem das Objekt beworben wurde, ist unter der Überschrift: „Kaufpreis und Wohnfläche – Nutzfläche“ angegeben: „6 Wohneinheiten, Wohnfläche: gesamt ca. 293 m².“ Als Anlage zum Kaufvertrag wurde eine Tabelle mit der Überschrift „Mietaufstellung“ mit beurkundet.
Der Kläger forderte die Beklagten am 14.05.2009 zur Zahlung der Courtage in Höhe von 20.312,50 Euro auf.
Mit Schreiben vom 23.05.09 wandten sich die Beklagten an den Kläger und teilten mit, sie hätten festgestellt, dass die Fläche der Wohnung im 1. OG rechts um 5 m² von der Angabe im Vertrag und um 14 m² von der Angabe im Mietvertrag abweiche. Die Beklagten gehen davon aus, dass die anderen Wohnungen ähnliche Abweichungen aufweisen.
Am 11.09.09 erging gegen die Beklagten das Urkunden-Anerkenntnis-Vorbehaltsurteil, mit dem sie zur Zahlung von der Courtage nebst Zinsen verurteilt worden. Die Beklagten zahlten zur Abwendung der Zwangsvollstreckung den Betrag unter Vorbehalt an den Kläger.
Der Kläger beantragt, das Vorbehaltsurteil für vorbehaltslos zu erklären.
Die Beklagten beantragen, das Vorbehaltsurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, den Kläger zu verurteilen, an die Beklagten den Provisionsbetrag zu zahlen und den Drittbeklagten zu verurteilen, an die Beklagten als Gesamtgläubiger 30.000,- Euro nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (29.10.09) zu zahlen.
Der Kläger beantragt, die Widerklage abzuweisen.
Der Drittwiderbeklagte beantragt, die Drittwiderklage abzuweisen.
Die Beklagten machen geltend, der Kläger habe den Anspruch auf die Courtage verwirkt und schulde Schadensersatz. Sie behaupten, sowohl der Kläger als auch der Drittwiderbeklagte hätten Kenntnis davon gehabt, dass den Beklagten eine falsche Wohnfläche des Objekts vorgegeben worden sei. Nach Übergabe des Objekts hätten sie durch eigene Vermessung festgestellt, die Wohnfläche betrage tatsächlich insgesamt nur 253,65 m².
Das Landgericht Hamburg entschied, dass die Klage begründet ist. Das Vorbehaltsurteil ist daher zu bestätigen.
Im Exposé ist die Wohnfläche mit „ca. 293 m²“ angegeben. „Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch bringt die Bezeichnung 'ca.' zum Ausdruck, dass nicht zu erwarten ist, dass der angegebene Betrag dem tatsächlichen genau entspricht, sondern dass nur ein Näherungswert angegeben wird.“
Es gibt keinen Anlass zu der Annahme, dass der Kläger von einer erheblichen Abweichung der tatsächlichen Wohnflächen von den in den Mietverträgen und der Aufstellung angegebenen gewusst habe oder hätte wissen müssen und die Beklagten somit pflichtwidrig nicht hinreichend aufgeklärt habe. Es bestand keine Pflicht des Klägers, die Flächenangaben zu überprüfen.
Es kann nach den Darlegungen der Beklagten nicht festgestellt werden, dass der Kläger Kenntnis von erheblichen Flächenabweichungen gehabt habe.
Die Widerklage der Beklagten gegen den Kläger ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat, da ihm die Courtage zusteht, den Betrag nicht zu erstatten.
Darüber hinaus haben die Beklagten gegen den Drittwiderbeklagten keinen Anspruch auf Erstattung eines Minderungsbetrages wegen einer Abweichung der tatsächlichen von der vertraglich geschuldeten Wohnfläche gemäß §§ 434, 437, 441 BGB. Die Parteien haben die Gewährleistung für Sach- und Rechtsmängel ausgeschlossen. Der Ausschluss ist nicht gemäß § 309 Ziff. 7 BGB unwirksam. Und es kann auch nicht festgestellt werden, dass sich der Drittwiderbeklagte gemäß § 444 BGB nicht auf den Gewährleistungsausschluss berufen könnte.
Eine bestimmte Wohnfläche als Beschaffenheit der Sache wurde nicht garantiert. „Die Übernahme einer Garantie setzte voraus, dass der Verkäufer Gewähr für die entsprechende Eigenschaft der Sache übernehmen will und zu erkennen gibt, auf jeden Fall dafür eintreten zu wollen.“ Im vorliegenden Fall kann nicht davon ausgegangen werden.
Es ist auch keine Arglist des Drittwiderbeklagten bezüglich einer eventuell abweichenden Wohnflächengröße dargelegt.
Die Widerklage und die Drittwiderklage werden abgewiesen.
„Ein Makler ist nicht zur Überprüfung der vom Verkäufer mitgeteilten Wohn- und Nutzflächen verpflichtet. Er schuldet keine Ermittlungen und darf auf die Richtigkeit der Angaben des Verkäufers vertrauen.“
„Gewährleistungsansprüche gegen den Verkäufer eines Grundstücks wegen einer Flächenabweichung sind ausgeschlossen, wenn im Kaufvertrag keine Beschaffenheitsgarantie übernommen wurde (hier erfolgte lediglich eine circa-Angabe hinsichtlich der Wohn- und Nutzfläche) und wenn die Gewährleistung für Sach- und Rechtsmängel wirksam ausgeschlossen wurde.“
LG Hamburg vom 08.01.2010, Az. 329 O 206/09
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