(ip/RVR) Wurde ein Mietverhältnis vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst, so sind der Rückgabeanspruch gemäß § 546 BGB sowie alle Abwicklungsansprüche bereits vor Eröffnung entstanden und folglich grundsätzlich Insolvenzforderungen gemäß § 38 InsO. Dies schließe den Anspruch des Vermieters auf Entschädigung bei verspäteter Rückgabe ein; so entschied nun auch das OLG Düsseldorf. Der von der Klägerin gegen den Insolvenzverwalter des Mieters geltend gemachte Schadensersatzanspruch wegen verspäteter Rückgabe der Mietsache nach §§ 280 Abs. 1 und 2, 286, 546, 398 BGB bestünde nicht, da die entsprechende Schuld keine Masseschuld im Sinne des § 55 InsO sei. Zwar sei dieser Grundsatz durchbrochen, wenn der Insolvenzverwalter die Miet- oder Pachtsache nach Verfahrenseröffnung (weiter) nutzt und den Vermieter oder Verpächter dabei gezielt vom Besitz ausschließt. Der diesbezügliche Vortrag der Klägerin reichte jedoch nicht aus, um in diesem Sinne den Anwendungsbereich des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu eröffnen.

Die von ihr vorgelegten Lichtbilder zum Innenleben der Mietsache zeigten vor allem eine Vielzahl von Unterlagen, Ordnern und Umzugskartons. Angesichts des durchweg ungeordneten Zustands der Büroeinrichtungen ermöglichen diese Bilder nicht den Schluss, in den Räumen seien im streitgegenständlichen Zeitraum Arbeiten zur Fortführung bzw. Abwicklung des Geschäftsbetriebs der Schuldnerin durchgeführt worden. Zudem hat die Klägerin schon einen Tag nach Insolvenzeröffnung einen Großteil der Schlüssel zu den Mieträumlichkeiten zurückerhalten und hatte nach ihrer eigenen Darstellung zumindest einmal Zugang zu den Räumlichkeiten. Der Insolvenzverwalter beauftragte unmittelbar nach Insolvenzeröffnung eine Firma mit der Räumung und Verwertung.

Die bloße Nichträumung der Mietsache sei für die Annahme einer Masseverbindlichkeit nicht hinreichend. Das Belassen der Gegenstände in den angemieteten Räumen werde der Masse nützlich gewesen sein, da keine anderweitige Unterbringung erforderlich wurde; hierin liege aber weder ein aktives Verwalterhandeln noch ein Ausschluss der Vermieterseite vom Besitz. Die Pflicht zum Ersatz des Verzugsschadens wegen verspäteter Räumung beruhe auf dem von dem Mieter mit dem Vermieter abgeschlossenen Vertrag. Sie könne nur unter den allgemein geltenden Regeln des § 55 InsO zur Masseverbindlichkeit werden. Diese Vorschrift knüpfe an aktive Handlungen des Insolvenzverwalters an, denen in Absatz 1 Nr. 2 nur der Fall gleichgestellt wird, dass der Verwalter das Dauerschuldverhältnis aus Rechtsgründen nicht sofort lösen kann. Bei dieser Ausnahme ist jedoch der Gegenleistungsaspekt gewahrt, demzufolge derjenige, dessen Leistung der Masse zugute kommt, auch die ungeschmälerte Gegenleistung aus der Masse verlangen kann. Der äußere Anschein einer Inanspruchnahme durch den Insolvenzverwalter allein könne keine Masseverbindlichkeit begründen. Die (schlichte) Übernahme der Masse nach § 148 InsO genüge nicht, eine den Anwendungsbereich des § 55 Abs. 1 InsO eröffnende tatsächliche Inanspruchnahme zu bejahen sein, auch wenn sich Gegenstände des Schuldners im Mietobjekt befinden, die der Verwaltungsbefugnis des Verwalters unterliegen. Äußerungen, die der Verwalter gegenüber dem Vermieter vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens in seiner Funktion als vorläufiger (schwacher) Insolvenzverwalter abgegeben hat, seien ihm als Insolvenzverwalter nicht zuzurechnen. Sie rechtfertigen entgegen der Auffassung des Landgerichts auch keine Beweislastumkehr bzgl. des (Nicht)Vorliegens einer aktiven Inbesitznahme.

Eine Nutzung der Mieträumlichkeiten durch die Masse war danach für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht festzustellen, sodass auch die Voraussetzungen einer ungerechtfertigter Bereicherung der Masse i.S. des §§ 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO, § 812 BGB nicht vorlagen.

OLG Düsseldorf vom 14.04.2011, Az. 10 U 160/10


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