(ip/RVR) Zu Gunsten der Klägerin, einer deutschen Großbank, erging ein gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbares Endurteil. Mit diesem wurde die Beklagte zu 1 als Inhaberin einer Briefgrundschuld verurteilt, mit ihrem Recht im Rang hinter eine brieflose Grundschuld der Beteiligten zurückzutreten, die Eintragung dieses Rangrücktritts im Grundbuch zu bewilligen, und zu dessen Vollzug den erteilten Grundschuldbrief dem Grundbuchamt vorzulegen. Die Beklagte zu 2, Eigentümerin des belasteten Grundstücks, wurde verurteilt, diesem Rangrücktritt zuzustimmen und die Eintragung des Rangrücktritts zu beantragen.

Die Klägerin hat zur Sicherung des Anspruchs auf Rangrücktritt bei der betroffenen Grundschuld die Eintragung einer Vormerkung beantragt. Das Grundbuchamt hat zunächst mit Zwischenverfügung unter Fristsetzung aufgegeben, den Grundschuldbrief vorzulegen. Die Klägerin trug vor, ihr sei dessen Vorlage nicht möglich, weil die Beklagte zu 1 den Brief zwar besitze, ihn jedoch nicht herausgebe. Da die Vorlage des Briefs nicht möglich sei, müsse von ihr abgesehen werden, weil ansonsten die sich aus § 895 ZPO ergebene Vollstreckungsmöglichkeit leer liefe. Hilfsweise beantragte die Klägerin die Eintragung eines Widerspruchs; der Brief sei somit nicht vorzulegen, weil die Eintragung im Grundbuch nicht den wahren Inhalt oder Rang wiedergebe. Aus dem vorgelegten Urteil ergebe sich, dass ihr Recht der Briefgrundschuld im Rang vorgehe. Das Grundbuchamt hat den Antrag auf Eintragung eines Widerspruchs letztlich zurückgewiesen.

Gegen beide Beschlüsse richten sich die Beschwerden der Klägerin. Die Beschwerden sind zulässig (§ 71 Abs. 1, § 73 GBO), haben jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Für die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Rangrücktritt einer Briefgrundschuld kann auf die Vorlage des Briefes nicht verzichtet werden. Allein die Notwendigkeit, die Vorlage im Wege der Zwangsvollstreckung zu erzwingen, ändert hieran nichts.

Das Grundbuchamt hat demnach zu Recht im Wege einer Zwischenverfügung (§ 18 Abs. 1 GBO) die Eintragung der Vormerkung von der Vorlage des Grundschuldbriefs abhängig gemacht.

Nach §§ 41, 42 GBO sollen Eintragungen bei einer Briefgrundschuld nur erfolgen, wenn der Brief vorgelegt wird; die Vorlage des Briefs ist zum einen notwendig zum Nachweis der Verfügungsberechtigung, da die Grundschuld außerhalb des Grundbuchs übertragen und belastet werden kann, zum anderen bedarf es ihrer zur Erhaltung der Übereinstimmung zwischen Grundbuch und Brief. Die Vorlage des Briefs ist auch notwendig, wenn die Eintragung aufgrund eines gerichtlichen Urteils vorgenommen werden soll, da dieses nur zwischen den Parteien wirkt. Wäre der wahre Gläubiger nicht die Beklagte zu 1, sondern ein Dritter, dürfte die Vormerkung nicht eingetragen werden.

Die Fiktion des § 894 ZPO - und mit ihr auch die des § 895 ZPO - bewirkt nicht mehr als die durch sie fingierte rechtsgeschäftliche Erklärung: Ist der Schuldner im Zeitpunkt der Rechtskraft nicht legitimiert, die Erklärung abzugeben, gilt zwar die Fiktion, verfehlt aber ihr Ergebnis. Die Rangänderung träte nicht ein; die nach § 895 ZPO zu bestellende Vormerkung würde keinen Anspruch gegen den tatsächlich Berechtigten sichern.

Wird der Brief nicht vorgelegt und bleibt auch eine auf Vorlegung gerichtete Zwischenverfügung ergebnislos, so ist der Eintragungsantrag zurückzuweisen.

Ausnahmen von der Vorlegungspflicht ergeben sich aus § 41 GBO, aber auch aus bundes- und landesrechtlichen Vorschriften. Dass eine dieser Ausnahmen vorläge, ist nicht ersichtlich. Ausnahmen von der Vorlagepflicht sind aufgrund des Zwecks der Vorschrift - der Sicherung des Rechtsverkehrs - nur im engsten Umfang zugelassen; die vom Gesetz vorgesehenen Ausnahmen sind einer analogen, im Sinne einer ausdehnenden, Anwendung nicht zugänglich. Deshalb lässt sich auch aus der Ausnahme in § 41 Abs. 1 Satz 3 GBO für die Löschungsvormerkung (§ 1179 BGB) nichts herleiten. Die Gründe, die dafür nur maßgeblich gewesen sein können, treffen hier nicht zu, denn im Fall des § 1179 BGB besteht für den Schutz des Verkehrs und für den Schutz eines aus dem Grundbuch nicht ersichtlichen Rechtsnachfolgers kein Bedarf, weil dort die Löschungsvormerkung nur den Anspruch gegen den aus dem Grundbuch ersichtlichen Eigentümer sichert.

Soweit § 41 Abs. 1 Satz 1 GBO nicht als zwingende, sondern als Ordnungsvorschrift gefasst ist, bedeutet das nicht, dass das Grundbuchamt ad libitum von der Vorlage absehen könnte, sondern stellt lediglich klar, dass eine ohne Vorlage des Briefes vorgenommene Eintragung im Grundbuch deren Wirksamkeit nicht berührt, sofern die sachliche Legitimation des Betroffenen tatsächlich bestand. Der Zweck der Vorschrift könnte nicht erreicht werden, wenn bei bloßen tatsächlichen Schwierigkeiten, den Brief zu beschaffen, auf die Vorlegung verzichtet würde. Zudem kann hier die Klägerin aus dem zu ihren Gunsten ergangenen Titel, der die Inhaberin des Grundschuldbriefs auch zur Vorlage des Briefs an das Grundbuchamt verurteilt, die Vollstreckung betreiben. Die Klägerin hat nicht einmal vorgetragen, insoweit die Vollstreckung versucht zu haben.

Zu Recht hat das Grundbuchamt auch den Antrag auf Eintragung eines Widerspruchs zurückgewiesen.

Die Voraussetzungen für die Eintragung eines Amtswiderspruchs (§ 53 Abs. 1 Satz 1 GBO) liegen nicht vor. Gemäß § 895 ZPO gilt zwar, wenn der Schuldner durch ein vorläufig vollstreckbares Urteil zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt ist, die Eintragung einer Vormerkung oder eines Widerspruchs als bewilligt. Soll ein obligatorischer Anspruch auf eine Rechtsänderung realisiert und zunächst gesichert werden, wird die Bewilligung einer Vormerkung fingiert. Der Beteiligten wurde mit dem Urteil ein Anspruch auf Rangrücktritt zugesprochen, also ein obligatorischer Anspruch, wofür die Vormerkung, nicht der Widerspruch, einschlägig wäre. Außerdem ist das Grundbuch auch nicht unrichtig. Die nachträgliche Rangänderung setzt gemäß § 880 Abs. 2 BGB die Einigung des zurücktretenden und des vortretenden Berechtigten und die Eintragung der Änderung in das Grundbuch voraus. Die Abgabe der Willenserklärung des Schuldners wird erst mit Rechtskraft des Urteils fingiert (§ 894 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Eintragung der Rangänderung im Grundbuch hat ebenfalls noch nicht stattgefunden, so dass es an beiden Voraussetzungen fehlt.

Es fehlen genügende tatsächliche Anhaltspunkte für den Aufwand, der für die Beschaffung des Grundschuldbriefes im Wege der Zwangsvollstreckung erforderlich ist, bzw. für die Vorteile, die der begehrte Widerspruch im Falle einer Zwangsversteigerung des Grundstücks für die Beteiligte brächte.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor.

OLG München vom 24.02.2010, Az. 34 Wx 4/10

 

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