(ip/RVR) Der VIII. BGH-Zivilsenat beurteilte eine Nebenkostennachforderung des Vermieters gegen den insolventen Mieter als einfache Insolvenzforderung, auch wenn die Abrechnung nach Insolvenzeröffnung und nach der Enthaftungserklärung nach § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO erfolgte.

Über das Vermögen der beklagten Mieterin wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Sodann erklärte der Treuhänder die Enthaftung gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO gegenüber der Vermieterin, wonach Ansprüche aus dem Mietverhältnis nicht mehr im Insolvenzverfahren bedient werden können. Knapp ein halbes Jahr später erteilte die Vermieterin eine Betriebskostenabrechnung, die eine unstreitige Nachforderung gegen die Mieterin auswies. Diese Forderung machte die Vermieterin außerhalb des Insolvenzverfahrens geltend. Das Amtsgericht gab der Klage statt, die Berufung hiergegen blieb erfolglos. Der BGH bestätigte diese Entscheidung nur im Ergebnis, weil mittlerweile das Insolvenzverfahren aufgehoben wurde und wegen der Wirkung des § 201 Abs. 1 InsO die Klage nunmehr zulässig sei. Das Zwangsvollstreckungsverbot des § 294 Abs. 1 InsO stehe der Klageerhebung nicht entgegen.

Vor Aufhebung des Verfahrens sei die Geltendmachung der Forderung als einfache Insolvenzforderung nur im Insolvenzverfahren möglich gewesen, die Schuldnerin mithin nicht passiv legitimiert gewesen. Dies sahen die Instanzgerichte anders. Sie meinten, die Nachforderung sei in Ausnahme von § 41 Abs. 1 InsO erst mit Erstellung der Abrechnung und somit nach der Frist gemäß § 109 Abs. 1 InsO fällig geworden. Gleichviel die Forderung den Zeitraum vor Insolvenzeröffnung erfasse, sei kostenmäßig nicht die Insolvenzmasse zuständig.

Die Nachforderung gehöre zur vor Insolvenzeröffnung geschuldeten Miete. Auch wenn zu diesem Zeitpunkt die Abrechnung noch nicht erstellt war, handle es sich nach §§ 38, 108 Abs. 3 InsO um eine Insolvenzforderung. Zwar könne sie der Höhe nach erst mit Abrechnung beziffert werden. Dies schade aber nicht, denn es könnten auch nicht fällige oder auflösend oder aufschiebend bedingte Forderungen angemeldet werden.

Die Freigabe des Mietverhältnisses nach § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO ändere hieran nichts. Aus Schuldnerschutzgründen könne der Insolvenzverwalter das Mietverhältnis nicht kündigen. Als Ausgleich hierfür könne er nach § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO die Enthaftung der Masse für nach danach fällig werdende Ansprüche aus dem Mietverhältnis herbeiführen. Aber: „Die Erklärung des Verwalters […] kann aber nicht dazu führen, einer Nachforderung für vor der Insolvenzeröffnung abgeschlossene Abrechnungszeiträume ihren Charakter als einfache Insolvenzforderung zu nehmen“ (Rz. 15 der Entscheidung).

Nach der Gesetzesbegründung solle die Masse nicht mehr für „neu entstehende Mietzinsforderungen“ haften – die Besonderheiten einer Nebenkostennachforderung habe er hingegen nicht im Blick gehabt. Deshalb könne nicht davon ausgegangen werden, dass diese durch die Erklärung des Verwalters aus dem Insolvenzverfahren herausgelöst werden sollen.
Im Übrigen hätte es der Vermieter ansonsten in der Hand, wann eine Nachforderung als Insolvenz- oder Masseforderung zu behandeln wäre, schließlich könne er im Rahmen der gesetzlichen Frist den Zeitpunkt der Abrechnung bestimmen.

BGH vom 13.04.2011, Az. VIII ZR 295/10


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