(ip/RVR) Hat ein Gericht festzustellen, ob ein Ehegatte mit einer Grundschuldbestellung im Sinne des § 1365 Abs. 1 BGB über sein gesamtes Vermögen verfügt hat, sollen nach Rechtsprechung des BGH anfallende Grundschuldzinsen bei künftiger Vollstreckung einbezogen und regelmäßig mit dem zweieinhalbfachen Jahresbetrag berücksichtigt werden.

Der im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebende Kläger bestellte der beklagten Bank eine erstrangige Grundschuld in Höhe von 350 tEUR. an seinem Grundstück nebst 16 % Jahreszinsen und einer einmaligen Nebenleistung von 17, 5 tEUR. Er unterwarf sich der sofortigen Zwangsvollstreckung. Das Grundstück hat einen Verkehrswert von 426 tEUR. Im Zeitpunkt der Grundschuldbestellung verfügten die Eheleute über ein Bankguthaben von etwa 10 tEUR. Die Bank  stellte das gesicherte Darlehen fällig und betrieb die Zwangsvollstreckung in das Grundstück.

In seiner Klage zur Abwehr der Vollstreckung meinte der Ehemann, die Grundschuldbestellung sei mangels Zustimmung seiner Ehefrau nach § 1365 Abs. 1 BGB unwirksam; er habe mit der Bestellung über sein gesamtes Vermögen verfügt.

Das LG gab der Klage statt. Das OLG wies sie mit der Begründung ab, die Grundschuld schöpfe den Grundstückswert zu weniger als 90 % aus. In der Revision wurde die Berufungsentscheidung aufgehoben. Der V. Senat meinte, der Kläger habe im Sinne des § 1365 Abs. 1 BGB über sein gesamtes Vermögen verfügt.

Bei der Wertminderung des Grundstücks durch die Grundschuldbestellung sei im Rahmen von § 1365 Abs. 1 BGB eine wirtschaftliche Betrachtungsweise angebracht. Maßgeblich sei danach der Betrag, für den das Grundstück dinglich haftet. Dies umfasse nicht nur den Nominalbetrag und etwaige Nebenleistungen, sondern nach § 1191 Abs. 2 BGB auch die dinglichen Zinsen. Dass letztere im Zeitpunkt der Bestellung noch nicht entstanden sein können führe nicht dazu, sie bei der Wertminderung unberücksichtigt zu lassen. Auch wenn es bei der Anwendung von § 1365 Abs. 1 BGB alleine auf die objektiven Wertverhältnisse bei Vornahme des Rechtsgeschäfts ankommt, bedeute dies nicht eine Bemessung des Betrags, welcher sich bei einer Verwertung der Grundschuld am Tag ihrer Bestellung erlösen ließe.

Die Wertminderung sei vielmehr aus Sicht eines vollstreckenden Gläubigers zu beurteilen. Ein solcher müsste schon im Zeitpunkt der Bestellung von einer Wertminderung im Umfang des vollen, die dinglichen Zinsen einbeziehenden Sicherungswerts der Grundschuld ausgehen. Denn in der Regel erfolge die Verwertung der Grundschuld erst zu einem Zeitpunkt, in welchem auch die Zinsen in nennenswertem Umfang vollstreckt werden können. Da diese dann in Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 ZVG fielen, seien bei der Berechnung des Wertverlusts die dinglichen Zinsen grundsätzlich für zweieinhalb Jahre einzubeziehen.

Unter Einbeziehung der vereinbarten Zinsleistung von 16 % über zwei Jahre ergebe sich ein den Grundstückswert deutlich übersteigender Betrag. Selbst ein verbleibendes Bankguthaben entspreche dann weniger als 5 % des ursprünglichen Vermögens und liege damit deutlich unterhalb der bei größeren Vermögen maßgeblichen Grenze von 10 %.

BGH vom 07.10.2011, Az. V ZR 78/11

 

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