Verletzung des Konkurrenzschutzgebots aus Gewerbemietvertrag
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(ip/RVR) Die Parteien sind einander durch einen Mietvertrag über ein Gewerbegrundstück verbunden. Zweck der Vermietung ist der Betrieb einer Autoglas-Service-Station durch den Mieter. In § 9 des Mietvertrages ist unter dem Titel 'Konkurrenz' vereinbart: 'Der Vermieter wird in einem Umkreis von 1000m nicht selbst eine Autoglas-Service Station eröffnen, noch ein Grundstück einer direkten Konkurrenzfirma zu diesem Zwecke vermieten, verpachten oder verkaufen.' Schon zuvor hatte die Rechtsvorgängerin der Klägerin ein angrenzendes Gewerbegrundstück an die Firma P vermietet. Der Unternehmensgegenstand der P ist bezeichnet als 'die Wartung und Reparatur von Kfz oder von Schalldämpfern … ferner der Einbau und Verkauf von Kraftfahrzeugersatzteilen und -zubehör sowie die Durchführung von Abgaskontrolluntersuchungen und diesbezügliche Reparaturen'. Die Beklagte hatte sich mit der P abgesprochen, sodass einige Kunden der P auch Leistungen der Beklagten in Anspruch nahmen. Spätestens seit Februar 2008 bietet die P selbst Autoglaserarbeiten an und lässt diese durch Dritte auf ihrem Betriebsgelände ausführen. Die Beklagte forderte die Klägerin unter Berufung auf den vereinbarten Konkurrenzschutz auf, diese Tätigkeit zu unterbinden. Weil dies nicht erfolgte, machte sie die Minderung des Mietzinses geltend. Für die Zeit von Oktober bis Dezember 2008 leistete sie keine Zahlungen mehr. Die Klägerin verlangte Gewerbemietzins für diese Monate. Das Landgericht gab der Klage statt. Mit der Berufung greift die Beklagte diese Entscheidung an. Sie will sich verteidigen, indem sie behauptet, das Mietobjekt sei mangelbehaftet, weil die Klägerin den geschuldeten Konkurrenzschutz nicht leiste. Die Konkurrenzsituation habe neuerdings zu erheblichen Umsatzeinbußen geführt. Deshalb will die Beklagte ein Recht zur Minderung des Mietzinses, sowie die Aufrechnung mit einem mangelbedingten Schadensersatzanspruch geltend machen. Sie beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts, die Klage kostenpflichtig abzuweisen.
Die Berufung ist im Wesentlichen ohne Erfolg. Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung des vereinbarten Mietzinses nach § 535 Abs. 2 BGB für den hier verfahrensgegenständlichen Zeitraum (allerdings abzüglich der Nebenkostenvorauszahlungen, welche nicht mehr verlangt werden können, da die Abrechnungsreife bereits eingetreten ist). Das der Entstehung dieses Anspruchs allein entgegengesetzte Minderungsrecht der Beklagten besteht nicht, denn die Mietsache weist keinen Mangel im Sinne des § 536 BGB auf. Ob die Verletzung des geschuldeten Konkurrenzschutzes an sich ein Sachmangel des Mietgegenstandes sein kann, ist nicht entscheidend; auch unerheblich ist, ob die vertraglich vereinbarte Konkurrenzschutzklausel den vertragsimmanenten Konkurrenzschutz verdrängen würde. Denn so oder so verletzte die Klägerin in der gegebenen Situation ihre Pflicht zur Gewährleistung von Schutz gegen Konkurrenz nicht. Weder der dem Mietverhältnis immanente Konkurrenzschutz noch der in § 9 des Vertrages konkret vereinbarte Konkurrenzschutz ist durch das Angebot von Autoglaserarbeiten durch die Firma P tangiert.
Dem Mietverhältnis über ein Grundstücks zur Ausübung eines Gewerbes ist Schutz vor Konkurrenz in dem Sinne immanent, dass wenigstens auf unmittelbar angrenzenden Grundstücken des Vermieters keine Konkurrenzunternehmen von diesem zugelassen werden. Der Vermieter ist aber nicht gehalten, dem Mieter jeden fühlbaren oder unliebsamen Wettbewerb fernzuhalten. Die Reichweite des Konkurrenzschutzes ist jeweils unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Interessen beider Vertragsparteien nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte zu bestimmen. Zunächst erstreckt sich der vertragsimmanente Konkurrenzschutz regelmäßig nur auf die 'Hauptleistungen' eines Mitbewerbers: Konkurrenzschutz ist dem Mieter nur zu gewährleisten, wenn dessen Leistungsangebot Zweck und Gepräge des konkurrierenden Angebots zumindest mitbestimmt. Selbst wenn zugunsten der Beklagten das Angebot von Autoglaserarbeiten durch die P inzwischen als eine Hauptleistung zu deren Leistungsspektrum gerechnet wird, kann die Beklagte Konkurrenzschutz nicht verlangen. Weil die P bei Beginn des verfahrensgegenständlichen Mietvertrages bereits einen eigenen Mietvertrag mit dem Vermieter geschlossen hatte, hat ihr Leistungsangebots grundsätzlich Vorrang vor dem des neuen Mieters ('Prioritätsgedanke'). So richtet sich das Maß des vertragsimmanenten Konkurrenzschutzes wesentlich danach, welchen Besitzstand der Mieter nach den bei Vertragsschluss ersichtlichen Umständen erwarten konnte. Die Beklagte behauptet, die P habe anfangs aber keinerlei Autoglaserarbeiten angeboten. Demnach hätte die P nachträglich ihr Angebot erweitert. Bei einer solchen nachträglichen Änderung des Leistungsspektrums des 'älteren' Mieters ist entscheidend, inwieweit der neue Mieter bei Vertragsschluss mit Veränderungen und Erweiterungen des Angebots bereits vorhandener Mieter rechnen konnte. Der Beklagten war schon vor Anmietung des Grundstücks ersichtlich, dass auf dem angrenzenden Grundstück die P sachnahe Dienstleistungen im Bereich des Autoreparaturgewerbes anbot. Die Erwartung, das Leistungsspektrum dieses Anbieters würde langfristig unverändert bleiben, so dass die Entstehung einer Konkurrenzsituation auf Dauer ausgeschlossen wäre, ist nicht gerechtfertigt. Der Klägerin ist es wegen des weit formulierten Zwecks des Vertrags mit der P unmöglich, die bestehende Konkurrenzsituation zu unterbinden, ohne ihren Vertrag mit der P abzuändern oder zu verletzen. Dagegen ist die Beklagte hier nicht schützenswert. Sie ist dem Vorbringen der Klägerin, ihr sei der sehr weit formulierte Zweck des Vertrags mit der Firma P im Zeitpunkt des Abschlusses ihres eigenen Mietvertrages bekannt gewesen, und sie habe bewirken wollen, dass in den Mietvertrag mit der P eine Verbotsklausel bzgl. Autoglaserarbeiten aufgenommen werde, nicht entgegengetreten. Demnach hat sie den Mietvertrag mit der Klägerin abgeschlossen, obwohl sie das Risiko künftiger Konkurrenz erkennen musste. Vertragsimmanenter Konkurrenzschutz ist ihr nicht zu gewährleisten.
Auch nach § 9 des Mietvertrages steht der Beklagten der begehrte Konkurrenzschutz nicht zu. Nach dieser Klausel kann die Beklagte Konkurrenzschutz nur gegenüber 'direkten' Konkurrenzfirmen verlangen. Nur gegen Konkurrenz, deren Angebot dem der Beklagten besonders nahe steht, ist ihr Schutz zu gewähren. Es ist mit dem Landgericht davon auszugehen, dass 'direkte Konkurrenzfirmen' nur solche sind, deren Angebot mit dem der Beklagten vollständig übereinstimmt, die also auch ausschließlich auf Autoglaserei spezialisierte Fachbetriebe sind: Die Beklagte hatte selbst vorgetragen, dass sie das Gewerbegrundstück angemietet hatte, um davon profitieren zu können, dass in nächster Nachbarschaft die P ebenfalls Leistungen im Kraftfahrzeugreparaturgewerbe anbietet; gerade die dadurch möglich werdenden Synergien, die Medienwirksamkeit und das damit verbundene bundesweite Ansehen der P wollte sie für ihren eigenen Betrieb ausnutzen. Aufgrund dieses Geschäftsmodells hatte die Beklagte ersichtlich großes Interesse daran, dass sich nicht andere Autoglasereifirmen mit demselben Gedanken in unmittelbarer Nähe niederlassen. Dies legt die Annahme nahe, dass die Beklagte gerade dies mit der hier in Rede stehenden Klausel verhindern wolle. Dagegen ist nicht ersichtlich, dass die Klausel auch auf eine nachträgliche Angebotserweiterung der P abzielen sollte. Die Beklagte hätte sich gerade gegen das Ende der Kooperation mit der P in ihren eigenen Gesprächen mit dieser, oder durch Vereinbarung einer entsprechend eindeutigen Klausel im hier verfahrensgegenständlichen Mietvertrag absichern können und müssen. Ein allgemeiner Anspruch der Beklagten auf Unterstützung durch die Klägerin bei der Aufrechterhaltung ihres Geschäftsmodells ergibt sich aus der hier vereinbarten Vertragsklausel nicht. Somit kann auch die Aufrechnung der Beklagten mit einem Schadensersatzanspruch nicht durchgreifen, weil auch dieser einen Mangel der Mietsache oder eine anderweitige Vertragsverletzung der Klägerin voraussetzt.
Brandenburgisches Oberlandesgericht vom 26.05.2010, Az. 3 U 101/09
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