(ip/RVR) Der Bundesgerichtshof hatte kürzlich über die Anwendbarkeit der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage bei Änderung der vorgesehenen Mieterstruktur zu entscheiden.

Im Februar 2005 vermietete die Klägerin an die Beklagte Räume im Erdgeschoss eines sechsgeschossigen im Bau befindlichen Gebäudes zum Betrieb eines Cafés für zehn Jahre. Im Sommer 2005 veranlasste die Klägerin den Ausbau der ersten vier Obergeschosse als Wohnraum, da die geplante Vermarktung dieser Geschosse als Büroraum sich nicht realisieren ließ.

Die Beklagte geriet ab September 2006 mit der Zahlung der monatlich in Höhe von über 3.000 Euro geschuldeten Miete in Rückstand. Danach gab es eine Reihe von Teilzahlungen seitens der Beklagten und Stundungen seitens der Klägerin. Dies endete in einer reduzierten Mietzinsvereinbarung, die bei Verzug der Beklagten innerhalb von fünf Werktagen zur vollen Zahlung fällig wäre. Im Gegenzug wurde der Klägerin ein befristetes, ordentliches Kündigungsrecht mit Kündigungsfrist von drei Monaten eingeräumt. Gestützt auf dieses Kündigungsrecht erklärte sie fristgerecht mit Anwaltsschreiben vom 29. Januar 2007 die ordentliche Kündigung des Mietvertrages.

Mit Schreiben vom 23. Juli 2007 und vom 15. Februar 2008 kündigte die Klägerin den Mietvertrag fristlos wegen Zahlungsverzugs.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Räumung und Herausgabe von Gewerbemieträumen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.

Das Oberlandesgericht wies die Klage auf die Berufung der Beklagten ab.

Die Klägerin erstrebt mit der vom Senat zugelassenen Revision die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Ausführungen des Berufungsgerichts einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht standhalten. Er führte aus, dass entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts die Vereinbarung des Sonderkündigungsrechts und dessen Ausübung weder treu- (§ 242 BGB) noch sittenwidrig (§ 138 Abs. 1 BGB) sind.

Eine Verpflichtung der Klägerin zur Anpassung des Mietvertrages wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage bestand nicht. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin der Beklagten nicht zugesichert, dass die über den Mieträumen gelegenen vier Stockwerke als Büroraum genutzt werden würden. Es handelte sich insoweit „lediglich um eine gemeinsame Vorstellung der Parteien im Sinne einer Geschäftsgrundlage.“
Das Berufungsgericht meint zu Unrecht, dass es sich bei der gemeinsamen Vorstellung der Parteien, die vier Stockwerke über den Mieträumen würden als Büroraum genutzt, um ein von der Klägerin übernommenes Risiko handelt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats trägt bei der Gewerberaummiete grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache. Hierzu gehört vor allem das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können.
Aus dieser Rechtsprechung folgt, dass die Klägerin im vorliegenden Fall lediglich ihr eigenes Risiko für die Vermietbarkeit und beabsichtigte Vermarktung der anderen Mieteinheiten zu tragen hat. Sie trägt jedoch kein eigenes unternehmerisches Risiko für die hierauf gestützte Gewinnerwartung der Beklagten.

Darüber hinaus vermögen auch die weiteren von dem Berufungsgericht angeführten Umstände ein treu- oder sittenwidriges Verhalten der Klägerin nicht zu begründen: „Weder die besonderen Interessen der Klägerin an einer vorzeitigen Beendigung des befristet abgeschlossenen Mietvertrages noch die angenommene geschäftliche Unerfahrenheit der beklagten GmbH führen dazu, dass die Vereinbarung des Sonderkündigungsrechts und dessen Ausübung treu- oder sittenwidrig sind.“

Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Klägerin hat gemäß § 546 BGB einen Anspruch auf Herausgabe und Räumung des Mietobjekts und Herausgabe der Schlüssel.


BGH vom 17.03.2010, Az. XII ZR 108/08


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