(ip/RVR) Die Beteiligte zu 1 war in Erbengemeinschaft Miteigentümerin eines Grundstücks und wurde aufgrund eines Zuschlagsbeschlusses als Alleineigentümerin im Grundbuch eingetragen. Zu diesem Zeitpunkt waren in der Dritten Abteilung des Grundbuchs unter Nrn. 2 und 5 Grundschulden ohne Brief für die Beteiligte zu 3, ein Bankinstitut, eingetragen. Im Zuschlagsbeschluss ist festgehalten, dass die Buchgrundschuld unter Nr. 2 zu restlichen 8.294,07 € und als Eigentümergrundschuld in Höhe von 7.089,69 €, ferner die Buchgrundschuld unter Nr. 5 als Eigentümergrundschuld bestehen blieben. Im Eintragungsersuchen wurde darauf hingewiesen, dass die Eigentümergrundschulden der früheren Erbengemeinschaft zustünden. Die genannten Grundpfandrechte blieben für die Beteiligte zu 3 unverändert eingetragen. Mit notariellem Vertrag veräußerte die Beteiligte zu 1 den Grundbesitz an den Beteiligten zu 2. Die Beteiligten zu 1, 2 und auch 3 bewilligten die Löschung der genannten Grundpfandrechte im Grundbuch. Der Urkundsnotar beantragte diese Löschung im Namen aller Antragsberechtigten. Mit Zwischenverfügung hat das Grundbuchamt eine Frist zur Vorlage der Zustimmung der übrigen Erben zur Löschung der Grundschuld unter Nr. 2 in Höhe von 7.089,69 € gesetzt. Die dagegen eingelegte Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten. Die weitere Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

Zur Löschung von Grundpfandrechten ist neben der Zustimmung des Eigentümers (§ 27 GBO) die Bewilligung des Gläubigers, dessen Recht von der Löschung betroffen ist, erforderlich (§ 19 GBO). Als Gläubigerin ist die Beteiligte zu 3 eingetragen. Für die Richtigkeit dieser Eintragung spricht die Vermutung des § 891 BGB. Die Vermutung des § 891 Abs. 1 BGB gilt auch für das Grundbuchamt. Das Grundbuchamt darf jedoch nicht einen Rechtserwerb allein aufgrund guten Glaubens des Erwerbers herbeiführen; es darf auch nicht allein wegen der Vermutung des § 891 BGB eine Eintragung vornehmen, wenn ihm positiv bekannt ist, dass das Grundbuch unrichtig ist. Die Vermutung des § 891 Abs. 1 BGB ist widerlegt, wenn dem Grundbuchamt Tatsachen bekannt sind, aus denen sich die Unrichtigkeit der Eintragung mit Sicherheit ergibt. Die Beschwerdekammer sieht im Zuschlagsbeschluss sowie in dem zusätzlichen Hinweis des Vollstreckungsgerichts im Eintragungsersuchen die wesentliche, die positive Kenntnis des Grundbuchamts vermittelnde Tatsache vom Rechtsübergang.

Die Übertragung der Grundschuld auf die Erbengemeinschaft als Verfügung über ein Recht erfordert gemäß § 873 Abs. 1 BGB neben der Einigung des Berechtigten und des anderen Teils auch die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch. Dort ist aber das Recht nach wie vor für die Beteiligte zu 3 eingetragen ist. Die angenommene Unrichtigkeit kann deshalb nur auf Vorgängen außerhalb des Grundbuchs beruhen; hinreichende Anhaltspunkte hierfür hat der Tatrichter jedoch nicht festgestellt. Der Zuschlagsbeschluss hat nicht zur Folge, dass sich die Fremdgrundschulden in Eigentümergrundschulden umwandeln. Er bewirkt, dass der Ersteher Eigentümer des Grundstücks wird (§ 90 Abs. 1 ZVG). Außerdem erlöschen gemäß § 91 Abs. 1 ZVG die Rechte, welche nach den Versteigerungsbedingungen nicht bestehen bleiben sollen.

Deshalb umfasst das die Tätigkeit des Grundbuchamts auslösende Ersuchen des Vollstreckungsgerichts (vgl. § 38 GBO) gemäß § 130 ZVG nur bestimmte Eintragungen. Dazu gehören nicht Vereinbarungen Beteiligter über Änderungen des Inhalts bei bestehen bleibenden Rechten, die als solche in den Zuschlagsbeschluss mit aufzunehmen sind. Das bloße Bestehenbleiben eines Rechts nach § 91 Abs. 2 ZVG ist im Grundbuch nicht einzutragen, weil keine Rechtsänderung aufgrund der Zwangsversteigerung eingetreten ist und eine Grundbuchberichtigung daher nicht veranlasst ist.

Die Eintragung neuer Bedingungen für das bestehenbleibende Recht lässt sich nicht auf § 130 ZVG und das Eintragungsersuchen nach § 38 GBO stützen. Dazu bedarf es vielmehr eines Antrags der Parteien (§ 13 Abs. 1 GBO). Das gilt ebenso (vgl. § 22 Abs. 1 GBO) bei Veränderungen auf Grund tatsächlicher Umstände wie z.B. Zahlung auf die Grundschuld. Solche Erklärungen oder Feststellungen sind aber mit den notwendigen Nachweisen dem Grundbuchamt nicht zugegangen.

Der Hinweis des Vollstreckungsrechtspflegers im Eintragungsersuchen kann Zweifel an der Richtigkeit des Grundbuchs erwecken, weil eine Zahlung auf die Grundschuld in Betracht kommt. Es sind jedoch keinerlei dem Grundbuchamt bekannt gewordenen Umstände festgestellt, die die Richtigkeit des Hinweises in tatsächlicher Hinsicht zu bestätigen geeignet sind. Insoweit bedarf es zwar nicht eines Nachweises in der Form des § 29 GBO. Die Rechtsvermutung des § 891 BGB muss indes widerlegt sein, das heißt, das Gegenteil muss feststehen und das Grundbuchamt die sichere Überzeugung haben, dass die gesetzliche Vermutung der Wahrheit widerspricht. Der bloße Hinweis des Vollstreckungsgerichts im Eintragungsersuchen auf die Veränderung von bestehen gebliebenen Rechten kann eine derartige Gewissheit nicht stützen, mag die gemutmaßte Rechtsänderung auch mit vollstreckungsrechtlichen Überlegungen zu erklären sein. Aus einem bloßen Hinweis des Vollstreckungsgerichts im Eintragungsersuchen auf die Veränderung von bestehen gebliebenen Rechten kann im Allgemeinen nicht die positive Kenntnis des Grundbuchamtes hergeleitet werden, dass der eingetragene Berechtigte mit dem wahren Rechtsinhaber nicht identisch ist.

Hinzu kommt, dass § 1163 Abs. 1 BGB auf die Grundschuld nicht anwendbar ist. Bei Grundschulden, die zur Sicherung von Bankkrediten bestellt werden, stellt die Befriedigung des Gläubigers wegen der Grundschuld die Ausnahme dar. Zahlungen werden üblicherweise auf die persönliche Forderung geleistet. Gegen eine Zahlung auf die Grundschuld selbst spricht hier auch, dass die betroffene Grundschuld nur teilweise zur Eigentümergrundschuld geworden sein soll. Eine solche Teilzahlung auf die Grundschuld ist besonders unwahrscheinlich.

OLG München vom 09.06.2010, Az. 34 Wx 42/10

 

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