Zeitfenster für formularvertraglich vereinbarte Bindung
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(ip/RVR) Der VIII. Senat hatte sich mit der Wirksamkeit eines formularmäßig vereinbarten Kündigungsausschlusses zu befassen. Die Kläger hatten von den Beklagten mit Vertrag vom 27. Juni 2005 eine Wohnung gemietet. In § 2 des Mietvertrags ist bestimmt:
'1. Der Mietvertrag läuft auf unbestimmte Zeit und beginnt am 1. Juli 2005.
2. Die Parteien verzichten in Übereinstimmung mit BGH-Urteil AZ. VIII ZR 27/04 wechselseitig auf die Dauer von 4 (vier) Jahren ab Vertragsbeginn auf ihr Recht zur ordentlichen Kündigung dieses Mietvertrages. Eine Kündigung ist erstmals nach Ablauf dieses Zeitraums mit der gesetzlichen Frist zulässig.
3. Sollte sich für den Mieter die Notwendigkeit ergeben, vor Ablauf der vier Jahre gemäß Ziffer 2. auszuziehen, ist er berechtigt gemäß Individualvereinbarung, welche dem vorliegenden Vertrag ergänzend beigefügt ist, einen zumutbaren Nachmieter zu stellen.'
Die Kläger kündigten das Mietverhältnis mit Schreiben vom Februar 2009 zum Ablauf des 30. Juni 2009. Die Beklagten wiesen die Kündigung unter Hinweis auf die Bestimmungen des Mietvertrags zurück. Die Kläger begehrten die Feststellung, dass ihr Mietverhältnis mit den Beklagten zum 30. Juni 2009 beendet worden sei.
Der Senat entschied nunmehr, dass die Zulässigkeit eines formularmäßig vereinbarten Kündigungsausschlusses und die mit ihm verbundene Einschränkung der Dispositionsfreiheit des Mieters unter Einbeziehung der Regelung des § 557a Abs. 3 Satz 2 BGB zu begrenzen ist, sodass die Kündigung maximal für einen Zeitraum von vier Jahren - gerechnet vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Mieter den Vertrag erstmals beenden kann – ausgeschlossen werden darf.
Hierzu führt er näher aus: Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der in § 2 Nr. 2 des Mietvertrags vereinbarte Kündigungsausschluss gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen unangemessener Benachteiligung der Kläger unwirksam. Nach der Rechtsprechung des Senats ist es zwar möglich, einen zeitlich begrenzten Ausschluss des Kündigungsrechts - auch formularmäßig - zu vereinbaren. Ein solcher formularmäßiger Kündigungsverzicht kann jedoch gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam sein, wenn er den Mieter entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn der Kündigungsausschluss einen Zeitraum von vier Jahren überschreitet; die Möglichkeit, einen geeigneten Nachmieter zu stellen (wie hier unter § 2 Nr. 3 des Mietvertrags vorgesehen), ist zu unsicher, um die erhebliche Beeinträchtigung der Dispositionsfreiheit des Mieters durch einen formularmäßigen Kündigungsverzicht für mehr als vier Jahre auszugleichen. Hier beschränkt § 2 Abs. 2 des Mietvertrags das Recht zur ordentlichen Kündigung in der Weise, dass die Kündigung frühestens nach Ablauf von vier Jahren ab dem 1. Juli 2005 (Beginn des Mietverhältnisses) erklärt werden kann, so dass das Mietverhältnis erstmals zum Ablauf des 30. September 2009 ordentlich beendet werden konnte. Eine derartige Regelung, die den Mieter länger als vier Jahre an den Mietvertrag bindet, hält der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht stand.
Der Senat orientierte sich bei der Beurteilung, bis zu welchem Zeitraum eine Bindung der Vertragsparteien durch einen formularmäßigen Kündigungsausschluss den Mieter (noch) nicht unangemessen benachteiligt, an der gesetzlichen Regelung des § 557a Abs.3 BGB. § 557a Abs.3 BGB regelt den zulässigen Kündigungsausschluss für Staffelmietverträge in der Weise, dass die vierjährige Höchstfrist vom Abschluss des Mietvertrags und nicht vom Beginn des Mietverhältnisses zu berechnen ist und dass die Kündigung jedenfalls zum Ablauf eines Zeitraums von vier Jahren ab Vertragsabschluss zulässig sein muss (§ 557a Abs. 2 Satz 2 BGB); im Ergebnis ist deshalb - auch im Wege einer Individualvereinbarung - nur eine vertragliche Bindung des Mieters für die Dauer von maximal vier Jahren ab Vertragsschluss möglich. Dies gibt einen Hinweis darauf, wo nach Auffassung des Gesetzgebers im Hinblick auf heutige Mobilitätserfordernisse allgemein die Grenze eines Kündigungsverzichts des Mieters zu ziehen ist.
Als formularvertragliche Vereinbarung ist der Kündigungsausschluss in § 2 des Mietvertrags nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB insgesamt unwirksam, weil die Dauer der Bindung des Mieters einen Zeitraum von vier Jahren überschreitet und ihn deshalb entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Eine Aufrechterhaltung der Klausel mit einer kürzeren Bindungsdauer ist wegen des für Allgemeine Geschäftsbedingungen allgemein zu beachtenden Verbots einer geltungserhaltenden Reduktion nicht möglich.
BGH vom 08.12.2010, Az. VIII ZR 86/10
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