(ip/RVR) Nach Rechtsprechung des BGH kommt es für eine Kostenbefreiung eines Wohnungseigentümers nach § 16 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 WEG nicht darauf an, ob seine verweigerte Zustimmung zu einer baulichen Maßnahme i. S. d. § 22 Abs. 1 WEG erforderlich war oder nicht.

Der V. Senat hatte folgenden Fall zu entscheiden: Eine Wohnungseigentümergemeinschaft beschloss mehrheitlich die Sanierung des gemeinschaftlichen Schwimmbads, was neben einer Instandsetzung auch eine Erweiterung der Räumlichkeiten umfasste. Gleichzeitig beschloss die Gemeinschaft eine Sonderumlage zur Finanzierung. Diesen Beschlüssen stimmte der Kläger als Mitglied der Gemeinschaft nicht zu; seine Anfechtungsklage blieb wegen Nichteinhaltung der Klagefrist erfolglos. In einer erneuten Eigentümerversammlung genehmigte die Mehrheit die Jahresabrechnung. Darin entfielen ohne Differenzierung zwischen den Kosten der Schwimmbadsanierung und -erweiterung auf den Kläger etwa achteinhalb t€. Hiergegen erhob der Kläger Anfechtungsklage.

Das Amtsgericht erklärte den Beschluss für ungültig, soweit er die Einzelabrechnungen bezüglich der Verteilung der Gesamtkosten für die Schwimmbadsanierung und -erweiterung betraf. Das Berufungsgericht wies die Klage ab. In der Revision wurde durch den BGH das erstinstanzliche Urteil wieder hergestellt.

Der BGH führt zunächst aus, das Berufungsgericht gehe zutreffend davon aus, dass es sich bei der Schwimmbaderweiterung um eine bauliche Maßnahme gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG handelt und sie den Kläger auch über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt. Deshalb sei seine Zustimmung zur Erweiterung des Schwimmbads notwendig gewesen.

Sodann ging der BGH auf den Streit ein, ob die in § 16 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 WEG vorgesehene Kostenbefreiung auch zugunsten derjenigen Eigentümer eintritt, die der Maßnahme nicht zugestimmt haben, obwohl dies nach § 14 Nr. 1 WEG notwendig gewesen wäre. Das Berufungsgericht meinte, die Norm gelte nur für diejenigen Eigentümer, die der Maßnahme nicht zustimmen mussten. Nach Meinung des BGH hängt die Kostenbefreiung nicht davon ab, ob die Zustimmung zur Maßnahme erforderlich war oder nicht. Eine solche Differenzierung gebiete schon der Wortlaut der Norm nicht. Sie sei auch nicht teleologisch zu reduzieren, weil sie nicht planwidrig zu weit gefasst sei. Die Entstehungsgeschichte sei unergiebig: Trotz Kenntnis des Streits um die Auslegung sei die Norm bei der Neufassung im Jahr 2007 gegenüber der alten Fassung nicht verändert worden. Auch Sinn und Zweck der Norm sprächen nicht für eine derartige Reduktion.

Für eine dem Wortlaut entsprechende Auslegung spräche auch, dass sie die oft schwierig zu beantwortende Frage entbehrlich mache, ob ein Eigentümer über das Maß des § 14 Nr. 1 WEG hinaus beeinträchtigt wird und dass der Beschluss über die bauliche Maßnahme nicht allein im Hinblick auf die Kostenfolge angefochten wird. Schließlich habe § 16 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 WEG ohnehin einen kleinen Anwendungsbereich und es stehe der Gemeinschaft frei, über § 16 Abs. 4 WEG mit qualifizierter Mehrheit eine Regelung zu treffen, welche die Vorschrift über die Kostenbefreiung ebenfalls unanwendbar mache (§ 16 Abs. 6 Satz 2 WEG).

BGH vom 11.11.2011, Az. V ZR 65/11


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