Zur Belehrungspflicht des Notars
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(ip/RVR) Ein kürzlich ergangenes Urteil des III. Zivilsenats des BGH beschäftigt sich mit der Belehrungspflicht des Notars, wenn dieser die Annahmeerklärung zu einem Grundstückskaufvertrag beurkundet und ihm das Vertragsangebot nicht vorgelegt wurde.
Der klagenden Bauträgergesellschaft ging ein beurkundetes Vertragsangebot über den Verkauf eines Grundstücks zu. Dieses Angebot war befristet und stand unter der Bedingung, der Käufer müsse sich zwecks Sicherung der Kaufpreisforderung der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwerfen. Am letzten Tag der Annahmefrist erschien der Geschäftsführer der Klägerin bei dem beklagten Notar zur Beurkundung der Annahmeerklärung. Nach Feststellungen der Instanzgerichte wurde dem Beklagten das Vertragsangebot nicht vorgelegt. Nach Hinweis des Notars, „dass in dem Angebot gewisse Fristen, Bedingungen stehen könnten, die bei der Beurkundung berücksichtigt werden müssten“, erfolgte die Beurkundung der Annahmeerklärung in Form eines mitgebrachten Entwurfs. Darin bezog sich die Klägerin auf das beurkundete Vertragsangebot; eine Unterwerfungserklärung enthielt sie nicht. Bei Vollzug des Kaufvertrags stellte der damit befasste Notar fest, ein Kaufvertrag sei nicht wirksam zustande gekommen. Die Klägerin hatte bereits mit der Bebauung des Grundstücks begonnen. Sie einigte sich mit der Verkäuferin über die Bestätigung des Kaufvertrags unter Anhebung des Kaufpreises um 60 t€.
Diesen Betrag machte die Klägerin als Schadensersatz gegen den beklagten Notar geltend. Der Beklagte habe seine Amtspflichten bei der Beurkundung verletzt, weil er es versäumt habe, die Klägerin umfassend über die Risiken der geforderten Beurkundung in Unkenntnis des Vertragsangebots hinzuweisen. Insbesondere hätte er darüber belehren müssen, ein Vertragsschluss sei nur zu erwarten, wenn die Annahmeerklärung dem Angebot entspreche und sämtlichen hierin aufgestellten Anforderungen genüge. Das Landgericht sah dies nicht so und wies die Klage ab. Das OLG gab der Klage hingegen statt. Der BGH stellte in der Revision das erstinstanzliche Urteil wieder her.
In dieser Fallgestaltung treffe den Notar keine Pflicht, den Geschäftsführer der Klägerin darüber zu belehren, dass ein wirksamer Vertragsschluss nur zu erwarten sei, wenn die Annahmeerklärung der Angebotserklärung entspreche. Nach bisheriger Rechtsprechung beschränke sich der Umfang der geschuldeten Belehrung nach § 17 Abs. 1 BeurkG bei der Beurkundung der Annahme eines vorgegebenen Angebots auf die rechtlichen Auswirkungen der Annahme und damit abstrakt auf Gefahren, die mit jedem Kaufvertrag verbunden sind. Je nach Sachlage könne zu diesen Gefahren auch das Nichtzustandekommen des Vertrags gehören und eine Belehrung über die zwingend abzugebenden Erklärungen notwendig machen. „Eine solche Belehrung ist jedoch nicht erforderlich, wenn es ausgeschlossen erscheint, dass die Erklärungen des Annehmenden hinter den Anforderungen der Angebotsurkunde zurückbleiben“ (Rn. 15 der Entscheidung). So sei es auch hier, denn der mitgebrachte Entwurf hätte vorgesehen, dass die Klägerin das ihr in allen Teilen bekannte Vertragsangebot in vollem Umfang annehme. Aus Sicht des Beklagten fehlte es daher an Anhaltspunkten, die Zweifel im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 2 BeurkG an der Wirksamkeit der Annahmeerklärung begründen konnten.
Die oben zitierte Belehrung des Notars genüge den Anforderungen des § 17 Abs. 1 BeurkG. Eines ausdrücklichen Hinweises darauf, dass der Kaufvertrag durch die beurkundete Annahmeerklärung gar nicht zustande kommen könnte, bedurfte es nicht. Mit der Belehrung sei einem in Grundstücksgeschäften ausreichend erfahrenen Geschäftsführer eines Bauträgerunternehmens hinreichend eine Risikolage deutlich gemacht, die das Scheitern des Vertragsschlusses bedeuten konnte.
Auch begründe diese Risikolage keine Zweifel im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 2 BeurkG, die den Notar an der Wirksamkeit des Vertragsschlusses hätten zweifeln lassen müssen und einen Vermerk über die Belehrung in der Urkunde nötig gemacht hätte. Daher sei es auch nicht zu einer Beweislastumkehr hinsichtlich einer Verletzung der Belehrungspflicht des Notars gekommen. Ein Nachweis einer Amtspflichtverletzung im Sinne des § 19 BNotO sei der Klägerin nicht gelungen.
BGH vom 08.12.2011, Az. III ZR 225/10
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