Zur Zulässigkeit der gebäudeübergreifenden Abrechnung
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(ip/RVR) Der Bundesgerichtshof befasste sich kürzlich mit der Problematik der gebäudeübergreifenden Abrechnung von Betriebskosten.
Der Kläger ist Mieter einer Wohnung der Beklagten im Haus A.-straße 59 in M. Im schriftlichen Mietvertrag vom 26. März 2004 ist unter § 5 Abs. 3 für die dort aufgeführten Betriebskosten eine Verteilung "nach qm ges." vereinbart. Vereinbarungsgemäß leistete der Kläger auf die Betriebskosten monatliche Vorauszahlungen in Höhe von 115 € und zahlte für den Zeitraum von 1. Januar 2006 bis 31. Dezember 2007 dementsprechend 2.760 € an die Beklagte, die die Betriebskosten für die Jahre 2006 und 2007 am 19. November 2007 und am 26. November 2008 abrechnete. Die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2006 ergab eine Nachzahlungsforderung der Beklagten von 169,38 €, während die Abrechnung für das Jahr 2007 einen Saldo zugunsten der Beklagten in Höhe von 293,83 € auswies.
In beiden Abrechnungen wurden nicht nur die im Haus A.-straße 59 angefallenen Kosten berücksichtigt, sondern die Gesamtkosten, die in der zusammenhängenden Häuserzeile mit der postalischen Anschrift A.-straße 57, 59 und 61 angefallen sind. Alle drei Gebäude werden von der Beklagten vermietet. Die in ihnen gelegenen Wohnungen sind hinsichtlich Ausstattung und Größe weitgehend baugleich. Auch die Gesamtwohnfläche der drei Häuser unterscheidet sich nur geringfügig.
Die seit mehreren Jahren praktizierte Zusammenfassung der drei Gebäude zu einer Abrechnungseinheit blieb längere Zeit unbeanstandet. Mit Schreiben vom 21. Januar 2009 widersprach der Kläger den auf diese Weise erstellten Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 2004 bis 2009. Mit weiterem Schreiben vom 3. März 2009 forderte er die Beklagte auf, die Nebenkostenvorauszahlungen für die Jahre 2006 und 2007 zurückzuzahlen und ordnungsgemäße Abrechnungen für die Jahre 2007 und 2008 zu erstellen.
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Rückzahlung der für die Abrechnungsperioden 2006 und 2007 geleisteten Vorauszahlungen in Höhe von 2.760 € nebst Zinsen in Anspruch. Hilfsweise verlangt er die Erteilung ordnungsgemäßer Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 2006 und 2007 und die Feststellung, die monatlich fälligen Nebenkostenvorauszahlungen bis zur Erstellung der geforderten Nebenkostenabrechnungen oder jedenfalls so lange zurückbehalten zu dürfen, bis die geschuldeten Vorauszahlungen den Betrag von 2.760 € erreicht haben.
Das Amtsgericht gab der Klage in den Hilfsanträgen statt. Das weitergehende Begehren des Klägers wies es ab.
Auf die Berufung der Beklagten wies das Landgericht die Klage insgesamt ab.
Der Kläger erstrebt mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Der BGH entschied, dass die Beurteilung des Berufungsgerichts rechtlicher Nachprüfung standhält. Somit hat die Revision des Klägers keinen Erfolg.
Der BGH bestätigte die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Kläger weder eine erneute Nebenkostenabrechnung verlangen (§ 556 Abs. 3 Satz 1 BGB) noch hinsichtlich der laufenden Vorauszahlungen ein Zurückbehaltungsrecht (§ 273 BGB) geltend machen kann. Die Beklagte hat mit den erteilen Abrechnungen, so der BGH, ihre Abrechnungspflicht erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB).
Der Annahme der Revision, die Abrechnungen vom 9. November 2007 und vom 26. November 2008 seien schon deswegen formell unzureichend, weil der Abrechnungsschlüssel nicht nachvollziehbar erläutert sei, kann nicht zugestimmt werden. Eine Betriebskostenabrechnung ist formell ordnungsgemäß, wenn sie den allgemeinen Anforderungen des § 259 BGB entspricht, also eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthält. „Soweit - wie hier - keine besonderen Abreden getroffen sind, sind in die Abrechnung bei Gebäuden mit mehreren Wohneinheiten regelmäßig folgende Mindestangaben aufzunehmen: eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und Erläuterung der zugrunde gelegten Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und der Abzug der geleisteten Vorauszahlungen (st. Rspr.; Senatsurteile vom 11. August 2010 - VIII ZR 45/10, [...] Rn. 10; vom 19. November 2008 - VIII ZR 295/07, NZM 2009, 78 Rn. 21; vom 28. Mai 2008 - VIII ZR 261/07, NJW 2008, 2260 Rn. 10; vom 9. April 2008 - VIII ZR 84/07, NJW 2008, 2258 Rn. 15; jeweils mwN).“ Nach der Rechtsprechung des Senats ist eine Erläuterung des angewandten Verteilungsmaßstabs nur dann geboten, wenn dies zum Verständnis der Abrechnung erforderlich ist. Im vorliegenden Fall war eine Erläuterung des verwendeten Umlagemaßstabs entbehrlich.
Darüber hinaus sind die von der Beklagten erteilten Abrechnungen auch nicht deswegen formell fehlerhaft und unwirksam, weil die Beklagte alle Betriebskosten mit Ausnahme der Kabelanschlussgebühren nicht objektbezogen, sondern gebäudeübergreifend abgerechnet hat.
Auch unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Unrichtigkeit der erteilten Abrechnungen kann der Kläger keine Neuberechnung beanspruchen. Im vorliegenden Fall kann dahin stehen, ob eine unzulässige Abrechnung unter Zusammenfassung mehrerer Gebäude einen schwerwiegenden, vom Mieter mangels Kenntnis der Basisdaten nicht selbst behebbaren inhaltlichen Mangel darstellt , der einen Anspruch des Mieters auf erneute Abrechnung auslöst. Denn die Beklagte war berechtigt, gebäudeübergreifende Abrechnungen vorzunehmen.
„Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein Vermieter bei preisfreiem Wohnraum nach billigem Ermessen gemäß § 315 BGB berechtigt, mehrere Gebäude zu einer Wirtschafts- und Abrechnungseinheit zusammenzufassen, soweit im Mietvertrag nichts anderes bestimmt ist (Senatsurteil vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 371/04, aaO unter II 3 a).“
Entgegen der Auffassung der Revision erstreckt sich die Befugnis der Beklagten, die Häuserzeile zu einer Wirtschafts- und Abrechnungseinheit zusammenzufassen, auf alle abgerechneten Betriebskosten. „Wenn der Mietvertrag - wie hier - keine Festlegung darüber enthält, dass die Abrechnung der Betriebskosten gebäudebezogen zu erfolgen hat, hängt die Befugnis eines Vermieters zur Abrechnung nach Wirtschaftseinheiten davon ab, ob die gesetzlichen Bestimmungen eine solche Abrechnungsweise erlauben.“ Im vorliegenden Fall ist dies zu bejahen.
Es ist zu beachten, dass § 556 BGB einen Vermieter nicht darauf beschränkt, eine gebäudebezogene Abrechnung nur dann vorzunehmen, wenn dies aus technischen Gründen unvermeidbar ist. Darüber hinaus entspricht der in der amtlichen Begründung zum Ausdruck kommende Wille des Gesetzgebers, die Abrechnung nach Wirtschaftseinheit auch weiterhin zuzulassen, auch dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 556 Abs. 3 BGB, da sich bei Bildung größerer Abrechnungseinheiten regelmäßig Kostenvorteile ergeben. Da dem Kläger durch die einheitliche Abrechnung keine greifbaren und unzumutbaren Nachteile entstehen und zudem bei einer Differenzierung des Abrechnungsmodus je nach Kostenposition nicht nur der Berechnungsaufwand, sondern auch die Fehleranfälligkeit erhöht würde und daher eine getrennte Abrechnung wirtschaftlich und abrechnungstechnisch unvernünftig erscheint, entspricht die von der Beklagten gewählte Abrechnungsweise billigem Ermessen nach § 315 BGB. Demzufolge berechtigt der von der Beklagten gewählte Abrechnungsmodus den Kläger nicht, eine Neuberechnung zu verlangen.
Schließlich ist der Kläger nicht zur Einbehaltung der laufenden Nebenkosten befugt. Die Beklagte ist auch nicht gehalten, die laufenden Vorauszahlungen im Hinblick auf die Einwendungen des Klägers gegen die inhaltliche Richtigkeit der Abrechnungen für die Jahre 2006 und 2007 herabzusetzen.
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Duisburg wird zurückgewiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Der Leitsatz fasst zusammen:
„Sofern vertragliche Abreden dem nicht entgegen stehen, ist der Vermieter preisfreien Wohnraums bei der Abrechnung der umlagefähigen Betriebskosten regelmäßig berechtigt, mehrere von ihm verwaltete und der Wohnnutzung dienende zusammenhängende Gebäude vergleichbarer Bauweise, Ausstattung und Größe zu einer Abrechnungseinheit zusammenzufassen. Dies gilt auch dann, wenn nur hinsichtlich einzelner Betriebskosten (hier: Heizkosten) ein unabweisbares technisches Bedürfnis für eine gebäudeübergreifende Abrechnung besteht (Weiterführung von BGH, Urteil vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 371/04, NJW 2005, 3135; Urteil vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 290/09, [...]).“
BGH vom 20.10.2010, Az.: VIII ZR 73/10
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